Die Radstrecke des Ironman Kanada ist ein landschaftlich vielfältiges Schmuckstück unter all den Langdistanz-Rennen, die ich bis jetzt mitgemacht habe. Durch das abwechslungsreiche Landschaftsbild mit weiten geschützten Graslandschaften zieht sich die 180 Kilometer lange Radstrecke zwischen Gebirgszügen entlang. Sie führt vorbei an zahlreichen Seen und der Osoyoos Wüste, wo die US amerikanische Grenze zum Greifen nah ist. Über Berge mit wunderschönen Aussichten hinweg schlängeln sich die Landstraßen an Obst- und Weingütern vorbei. Dazu überquert man den legendären Richter Pass, der als einer der markanten Punkte seit 1984 Teil der Radstrecke dieser Langdistanz ist.
Mit wie viel Spaß wir Athleten auf diesem kräftezehrenden Profil mit 1900 Höhenmetern unterwegs waren und warum mich das Ende so enttäuschte, erfährst Du in unserem Beitrag über die Ironman Kanada Radstrecke.
Freude und Enttäuschung lagen für mich während des zweiten Streckenabschnitts des Ironman Kanada ganz nah beieinander. Die Radstrecke bot eine vielfältige Landschaft, das ich einfach Meter für Meter geliebt habe. Dass auf diesen Metern auch ein paar herausfordernde Höhenmeter lagen, machte diese Langdistanz nur noch attraktiver!
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Was unfassbar großartig mit dem Start des Ironman Kanadas beim Schwimmen begann und sich bis weit auf die Radstrecke hinaus fortführte, endete mit einer Hand voll negativer Emotionen. Rückblickend bin ich dankbar, dass ich so schnell reagieren und die letzten Kilometer bis in den Wechselbereich retten konnte. Aber bis dahin sollten es erst einmal einige wunderbare Kilometer werden!
Der Wechsel von den Schwimm- zu den Radsachen lief direkt am Fuji sehr viel reibungsloser, als sonst in den Wechselzelten. Alles ging zügig, obwohl es mir viel zu lang dauerte. Aber die Entscheidung, den Alé Cycling Tri Suit nicht schon beim Schwimmen zu tragen, bereute ich nicht. Der war einigermaßen schnell übergestreift, wie die Strümpfe auch. Bei der Sonnencreme unterstützte mich ein Helfer. Ich legte allein noch einmal am Nacken und den Schultern nach. Schließlich sollte uns den Großteil des Tages die Sonne begleiten.
So ganz hatte ich die Schwimmzeit noch nicht verdaut. Während ich den Wechselbereich verlassen wollte, schaute ich immer wieder auf meine Uhr! Die sagte mir zunächst nicht viel, weil ich mich wie schon am Start irgendwie verdrückt hatte. Wie es eben immer so läuft. Letztlich schaffte ich den Wechsel unter fünf Minuten und konnte endlich aufs Fuji.
IRONMAN KANADA RADSTRECKE
Bevor es hinaus in die Natur gehen sollte, mussten wir auf den ersten Kilometern durch Penticton Richtung Süden fahren. Den Okanagan See immer im Rücken. Die einzigen Momente, die noch Schatten durch Häuser und Berge schenkten. Es ging an diesem Sonntagmorgen durch leere Straßen der Innenstadt, vorbei an Cafés bis sich Supermärkte und Fast Food Restaurants aneinanderreihten und wir am Skaha See ankamen. Den sollten wir im Verlauf der Radstrecke ein Mal komplett umrunden und es zwischendrin weit entfernen.
Berg rauf. Berg runter. Und wieder von vorn. Es waren keine Anstiege, die verrückt erschienen. Die wirkliche Anstrengung entstand über die Länge der Distanz. Zumal der größte Teil der Höhenmeter erst nach gut 60 Kilometern vor uns lag. Dennoch folgten die ersten scharfen Anstiege, die sich auf schlechtem Asphalt viel härter anfühlten, direkt zwischen km14 und 17. Ich war unter anderem diesen Abschnitt im Training abgefahren. Das gab mir die nötige Sicherheit, einfach genau mein Tempo zu fahren. Schließlich wusste ich, wann die erste Abfahrt mit viel Spaß und schön geschwungenen Straßen kommt. Dort war alles noch ganz ruhig und verschlafen. Nur wir paar Athleten ließen dort unsere Räder zum nächsten Ort hinabrollen. Der Gegenwind dieses frühen Morgens war noch frisch. Die Sonne stand tief und wollte noch nicht so richtig wärmen.
Als wir Okanagan Falls, ein zauberhaftes kleines Örtchen hinter uns ließen, folgte bis zur Halbzeit der vielleicht schönste Abschnitt dieser Radstrecke. Die Strecke war für den Autoverkehr in der Gegenrichtung immer komplett frei. Zahlreiche Passagen waren für beide Spuren für uns und den Sonntagsverkehr offen. Wir nutzten den breiten Standstreifen. Ich hatte das Gefühl, dass der auch gereinigt wurde. Zumindest fiel mir kein Bereich auf, der so voller Steine und Schmutz war, wie ich es noch wenige Tage zuvor im Training beobachtete. Anders als beim Ironman Florida in Haines City störte der Verkehr aber zu keinem Zeitpunkt.
Die Natur war von Anfang bis Ende ein Erlebnis. Vor allem mit den endlos wirkenden, sich durch das Gebirge windenden Straßen vorbei an großen und kleinen Seen, durch verschlafene Städtchen und an Frankreich erinnernde Weingebiete. Idyllisch hart, würde ich es beschreiben, was mich auch wieder unheimlich an meinen ersten Ironman in der Schweiz mit deutlich mehr Höhenmetern erinnerte.
Ich weiß noch genau den Moment, als ich an einer kurzen Abfahrt wieder nach vorn in die Weite schaute. Als dieses eine Panorama mit den South Okanagan Bergen, dem Farmland, Obstplantagen und einem Fluss vor mir lag!
Ich habe es unglaublich schade gefunden, so allein unterwegs zu sein und diesen Moment nicht teilen zu können!
Ja, vielleicht fuhr ich deshalb die ein oder andere Passage nicht mehr in meinem eigentlich möglichen Tempo, weil ich ständig am Hin- und Herschauen war. Dazu noch essen und essen und essen. Mein Zeitplan war wie immer ein starres Gerüst, an das ich mich zuweilen gequält halten musste. Ich würde aber dennoch sagen, dass es ganz gut geklappt hat. So wie auch das Trinken. Mit dem Gefühl gut versorgt zu sein, überraschte mich das Ende um so mehr. Bis dahin waren es aber noch so einige Kilometer auf diesem flachen Streckenabschnitt.
Gerade auf diesem Teil, sah ich so einige Athleten, die versuchten, Reifenschäden zu beheben. Ich schicke bei solchen Anblicken immer Stoßgebete gen Himmel und gehe all mein Equipment im Kopf durch. Besonders nimmt es mich immer mit, wenn jemand auf Strümpfen durch die Landschaft schleicht. An manchen Positionen waren Helfer zur Stelle. Ich sah von ihnen aber nicht so viele wie vergangenes Jahr auf dem Rundkurs von Arizona. Was vielleicht auch solch einem Kurs über lediglich eine Runde geschuldet ist, das man sie nicht ständig um sich herum hat. Anders war es bei den Kampfrichtern. Ich fühlte mich schon fast verfolgt von einer Kampfrichterin und einem Kampfrichter. Sie machten hin und wieder an den Verpflegungsstationen Halt und folgten so Stück für Stück im Anschluss.
Was ich unterwegs vermisst habe, waren die ganzen fancy Typen und Outfits, wie ich sie bei all den anderen Veranstaltungen gesehen habe. Aber was ich auch sagen muss, die Stimmung unter den Athleten war wahnsinnig entspannt und gut. Selbst bei Abfahrten lief alles ruhig. Kein Gebrüll, Geschrei oder nervige Überholmanöver.
Als wir die Osoyoos Wüste bei KM60 passierten, konnten wir sehr schön sehen, was vor uns lag. Die vor uns fahrenden Athleten, die den Wüstenabschnitt bereits umfahren hatten, kletterten Richtung Richter Pass hinauf. Diese legendäre Passage sieht schon von Weitem beeindruckend aus. Seit der zweiten Auflage dieses Triathlons 1984 ist dieser Pass Teil der Radstrecke. Von dort aus hat man einen herrlichen Blick auf die gesamte Region und die Wüste. Bis dahin lag aber ein 10 Kilometer Abschnitt mit bis zu 9,9% vor uns. Dass man dabei nur knapp 300 Höhenmeter sammelt, wollte ich in dem Moment wirklich nicht glauben. Der Durchschnitt dieser Passage liegt bei nur 3,5%. Aber jedes Mal, wenn ich annahm, dass ich doch endlich oben sein muss, gab es eine kleine Kurve und es ging weiter.
Aber so im Hinauffahren gab es einige Momente, die mich staunen ließen. So wie bereits im Tal. So war es irgendwie doch sehr schön, dass wir dort hinauf mussten. Mal abgesehen davon, dass es ein ikonischer Streckenabschnitt mit einem Gipfel voller Helfer, Verpflegung, Zuschauer und Musik war, schenkte es uns einen ganz anderen Blick auf die Wüste von Osoyoos.
Natürlich rollte auch ich langsam durch diese Verpflegungsstelle und nahm alles auf, was ich in die Hände bekam. Die Stimmung mit Helfern und Zuschauern war einfach großartig, was eine Wohltat war nach diesem Anstieg. Ich habe noch nie so viele Athleten halten sehen für ein Verpflegungsstation wie auf diesem Pass. Bei keinem Wettkampf!
Nach diesen 75km ging es wieder bergab Richtung Tal. Selbst die wenigen Kurven sorgten nicht dafür, dass wir auf den langgezogenen Abfahrten wirklich abbremsen mussten. Vielmehr war es die Landschaft, an der ich irgendwie nicht ungeachtet vorbei rasen wollte. Denn sonst wäre mir doch tatsächlich der Gepunktete See Okanagan Nation nicht aufgefallen. Es wirkt fast so, als wären es zig farbenfrohe Löcher, die einen großen See ergeben. So etwas habe ich noch nie gesehen.
Aus dem Nichts folgten bis zur Halbzeit kleine Anstiege. So gemein wie der erst nach wenigen Kilometern hinter Penticton. Für mich rollte es aber einfach großartig. Ich war nicht nur begeistert von der Streckenführung, sondern auch von Athleten, die sich gegenseitig beim Passieren motivierten. Wenige Autos an diesem Sonntagvormittag überholten mit weitem Abstand und viel Rücksicht. Auch dort, wo wirklich viel los und ein Kommen und Gehen war – wie an den Verpflegungsstationen. Die Personal Needs Station nach 100 Kilometern war eine der Stationen, wo kaum etwas los war. Mir schien es, als hätten alle oben am Richter Pass alle Bedürfnisse gestillt.
Bis zum KM110 war es ein Fahren auf recht flachen Straßen mit etwas Wind hier und da. Es ging immer am Similkameen Fluss entlang bis wir schließlich nach Keremeos kamen. Einige Zuschauer säumten dort die Abfahrt Richtung Norden. Vor einigen Jahren befand sich an dieser Stelle eine Hin- und Rücktour, die man für die diesjährige Ausgabe strich. Wir sollten nach dem nächsten großen Anstieg, Yellow Lake Climb genannt, eine großartige Abfahrt hinabgeschickt werden, die wir für den Rückweg wieder hinauf klettern sollten. Mental so schon unglaublich deprimierend, wie ich in meiner Vorbereitung feststellte. Mit all dem, was mir zwischendrin passierte, einfach nur unglaublich nervig. In Keremeos freute ich mich aber erst einmal, einfach nach Norden fahren zu können.
Es dauerte keine 5 Kilometer bis der letzte harte Anstieg vor uns lag. Auf den breiten Straßen Kanadas mit dem fließenden Verkehr unterwegs zu sein, ließ mich ein wenig in falscher Sicherheit wiegen. Es rollte einfach, wenngleich die Beine genau wussten, was bereits hinter ihnen lag. Der Anstieg nach Yellow Lake erhob sich langsam und zäh. Ich war zunächst irritiert, denn irgendwie wirkte alles etwas anders als im Training. Tatsächlich war ich aber einfach noch nicht dort angekommen, wo ich mich zu sein wähnte. Mir ging es aber nicht allein so. Ein Athlet, der immer mal wieder vor und hinter mir fuhr, fragte mich, ob das schon der Anstieg sei. Mein Edge 1040 sagte ganz klar ja, während mein Kopf irgendwie noch nicht ganz so weit war.
Tatsächlich beginnt der 30km lange Yellow Lake Anstieg bei Kilometer 115. Er entwickelt sich nur unglaublich langsam mit seinen 2% zu Beginn. Immer wieder gab es kürzere Unterbrechungen zwischen den Rampen, die meine Beine willkommen annahmen. Für 8 bis 9 Kilometer wechselte die Anstrengung stetig. Währenddessen ging mir der Rhythmus komplett verloren. Aus dem Nichts folgte ein Anstieg mit knapp 9%. Weder meinen Augen mit Blick aufs Edge noch dem Ausblick vor mir wollte ich glauben.
Ich bin bereits vorher immer in Gedanken durchgegangen, wie gut ich mich fühlte.Bis dahin lief alles reibungslos und wirklich gut. Natürlich hatte ich viel Kraft aufgewendet, aber nicht das Gefühl, dass sie mir in diesem Moment fehlen würde. Viel schöner noch, dass ich mich bereit für die Laufstrecke fühlte und total Lust auf sie hatte!
Die Hitze drückte auf den Rücken. Zum Kühlen hatte ich an allen 9 Verpflegungsstationen eine zweite Flasche entgegengenommen. Denn wie bereits davor half es an dieser Stelle auch einfach nicht, den Tri Suit weiter aufzumachen, während die Sonne in ihrer Gänze meine komplette Rückseite zum Schmoren brachte. Das Schlimme an diesem Anstieg war einfach die Tatsache, dass er so unglaublich lang war und Stück für Stück mehr anstieg. Die Herausforderung lag in den harten, unendlich wirkenden Rampen und dem Wissen, dass das noch lange nicht das Ende war!
Ich fuhr an den kleinen Seen vorbei, die mir im Training so viel Freude bereitet hatten. Der Blick über die Seen die Wälder entlang und Berge hinauf, war unbeschreiblich schön. Einige Wochen vorher stand dieser Streckenabschnitt noch auf der Kippe, weil Waldbrände unmittelbar auf der anderen Hangseite ausgebrochen waren. Von dort aus waren es nur wenige Kilometer, bis zur letzten Ausfahrt vom Highway, um zu dem neuen Abschnitt zu gelangen. Der wurde an dieser Stelle eingefügt, um wie weiter oben erwähnt, die Umfahrung von Keremeos streichen zu können.
Die erneute Verpflegungsstation am Ende des Anstiegs war ein echtes Highlight! Alles, das ich in die Hände bekam, nahm ich dankend an. Wie geplant aß ich eine ganze Banane und nahm einen Schwung Salztabletten. Ich hatte in meinen Oberschenkeln wieder das Gefühl, das es nicht ausreichend war, was meine Getränke enthielten.
Ein kleiner letzter Anstieg zum Golfplatz bei km134 machte uns das Triathletenleben kurz und heftig schwer, bevor eine neue Straße und eine großartige letzte Abfahrt vor uns lag. Dort war ich hin und wieder so allein, dass ich immer mal irritiert war. Kurz vorher waren noch einige Athleten und Kampfrichter um mich herum. Dann plötzlich Stille, Weite und großartige Aussichten tief in Täler hinein. Ich fragte mich die ganze Zeit, ob ich richtig war, weil ich eigentlich mit meinem Edge auf den Abschnitt wartete, den wir hin und zurück fahren sollten. Ich konnte es fast nicht glauben, dass es so weit im Nirgendwo sein würde.
Einige Kurven später, bei exakt km140 kam ich endlich an der Kreuzung an, an der ich rechts einbiegen musste. Dort, wo Athleten bereits auf der anderen Seite den Heimweg antraten. Ich wusste zum Glück, dass es bis zur Wendemarke im Tal 8km sein würden. Das verlor leider ganz schnell an Relevanz. Es zählte in meinem Kopf nur noch der Umstand, dass wir diese Strecke auch wieder zurück und hinauf bis zur Kreuzung mussten.
Denn kaum war ich dabei, ordentlich anzutreten und weiter abwärts zu fahren, bekam ich Nasenbluten. Ich dachte zunächst an ein kleines Vorkommen, das binnen Sekunden vorbei sein würde. Ich ließ rollen. Zerrte mein einziges Taschentuch aus meiner Tasche an der TriSuit Rückseite. Bis ich fertig war, lief mir das Blut aber wie Wasser über mein linkes Knie. Ich sah aus, als hätte ich einen Unfall gehabt. Zwischen dem Wischen am Bein und der Nase bekam ich mitleidige Blicke von den angestrengten Athleten zugeworfen, die bereits auf dem Rückweg waren.
Ich versuchte so weit es ging, am Rand zu rollen und immer leicht die Bremse zu halten, während ich mit der anderen Hand das Blut versuchte unter Kontrolle zu bekommen. Binnen weniger Augenblicke fingen meine Augen an zu tränen. Blut lief in den Mund. Mir wurde schlecht. Ich hielt kurz, wischte alles, was ging mit dem durchnässten Tuch ab und rollte weiter. Ich konnte das einfach alles nicht glauben! Wie weit konnte es bitte noch abwärts gehen und viel Blut konnte bis zum Ende noch aus mir heraus laufen? Ob die Übelkeit währenddessen noch schlimmer werden konnte? Wie krass ist es bitte, dass wir diese großartige Abfahrt, die ich nur hinab kullern konnte, wieder komplett nach oben mussten?
Irgendwann versuchte ich das Tuch in die Nase zu stopfen, bis mir endlich Hilfe einfiel. Es hat nicht nur Nachteile, wenn man am Wettkampf seine Tage bekommt. Schließlich hatte ich so ausreichend Tampons mit, die ich an anderen Tagen nicht zur Rettung nutzen konnte! Also rein damit in die Nase. Ich nahm mir noch meine Wasserflasche, um mich sauber zu machen.
Als ich nach der Verpflegungsstation endlich drehen konnte, wusste ich nicht wohin mit meinen Emotionen.
Ich war stinksauer, unglaublich müde und so etwas von enttäuscht. Selbst wenn es an sich übel laufen würde, hätte ich mir so etwas nicht ausmalen können. Da läuft es in der Vorbereitung auf den Ironman Kanada endlich mal ohne Zwischenfälle. Ich hatte keinen Radsturz und dadurch bedingte Verletzungen, wie bei den vergangenen beiden Langdistanzen. Keine meiner Krankheiten kam mir dazwischen, wie bei meiner dritten Langdistanz. Und dafür das?!? Mein Körper ist ein echter Scherzkeks.
Wütend strampelte ich mir die Emotionen weg. Statt dass es dann aber wieder ordentlich läuft, wurde ich müder und müder. Klar, Koffein half ein wenig. Zum Glück hatte ich noch Gele parat. Allerdings ging nur noch eins rein, bevor die Übelkeit schlimmer wurde. Von da an ging es mit Krämpfen weiter. Irgendwann gab es nur noch einen Gedanken in meinem Kopf – irgendwie in den Wechselbereich retten! Egal ob rollend oder kullernd. Schließlich hatte ich wieder über Monate hinweg für dieses Highlight des Jahres trainiert. Der Ironman Kanada war Saisonziel, Urlaub und sollte so viel Spaß machen!
Mein Glück war, dass ab km160 so schöne Aussichten Penticton zurück ins Sichtfeld rückten. Ich konnte quasi rollen und mich von der Abfahrt tragen lassen. Es ging an Weinbergen und dem Skaha Lake vorbei. Alles wirkte so idyllisch, dass mein Zustand für einige Momente egal schien.
Die letzten 6km quer durch die Stadt zurück holten mich allerdings auf den Boden der Tatsachen zurück. Wir mussten die Hauptstraße entlang fahren, auf der wir morgens schon die Stadt verließen. Am Nachmittag ging dort die Laufstrecke auf der anderen Straßenseite entlang. Ich sah also zum ersten Mal mit meinem förmlich wobbelnden Beinen und Armen, was mir bald bevorstand. Wie weit wir uns mit dem Laufen wieder vom Wechselbereich entfernen würden. Klar wusste ich, wie weit ein Marathon ist, wie weit zwei Runden auf der Laufstrecke sind.
Alles schon gehabt. Alles schon selbst mitgemacht.
Es deprimierte mich auf dem Rad aber ordentlich und ich gab dem Gefühl nach. Es gab in diesem Moment nichts in mir, das ich hätte entgegen halten können. Keine Zuversicht, kein nichts. Also rollte ich durch die Stadt. Irgendwo zwischen im Selbstmitleid zerfließen und wütend über den Ausgang des zweiten Streckenabschnitts bei diesem Ironman Kanada.
Die Zuschauer jubelten sowohl den Athleten auf den Rädern als auch auf der Laufstrecke zu. Die Straße war gesäumte von mehreren Reihen applaudierenden Menschen. Das zog mich zumindest etwas aus meinem dunklen Loch. Als diese endlose Straße quer durch die gesamte Stadt endlich zu einer Kurve wurde, war ich unendlich froh, vom Fuji steigen zu können. Um auch kurz mal wirklich in mich gehen zu können, um zu verstehen, was los war.
Statt aber mein Rad vertrauensvoll in die Hände der Helfer zu geben, musste ich es durch die komplette Wechselzone schieben. Stimmt, da war ja einiges anders bei diesem Ironman Kanada! Also folgten noch anstrengende Meter mit dem Rad in der Hand, bei denen ich mir ein Lächeln regelrecht heraus quälen musste. Als mein Fuji endlich hing, erfasste mich erst einmal Leere.
Was die letzte Disziplin für mich nach diesem körperlichen Absturz parat hatte? Du ahnst es vermutlich. Der Rest folgt im Beitrag über die Laufstrecke beim Ironman Kanada.
Alle Teile unserer Ironman Kanada Beitragsreihe findest Du hier:
Ironman Kanada 2022: Wettkampfmorgen & Schwimmstrecke
Ironman Kanada 2022: Startunterlagen, Wettkampfbesprechung & Bike Check-In
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Als Triathletin & Autorin von Eiswuerfel Im Schuh bin ich zusammen mit meinem Sportfotografen immer auf der Suche nach der nächsten Herausforderung und neuen Bildmotiven. Als Julimädchen liebe ich die Sonne, das Meer und den Sand zwischen den Zehen, genieße aber auch die Ruhe auf meiner Yogamatte oder auf einem Surfbrett.