Die Ironman Lanzarote Laufstrecke war geprägt von der Promenade und den wunderschönen Stränden, die sich von Puerto del Carmen bis zum Flughafen der Insel erstreckten und die Kulisse für den abschließenden Marathon bildeten. Jede der drei zu absolvierenden Runden begann im Start- und Zielbereich, der sich als echtes Stimmungsnest entpuppte. So wurde auch ich mit der gesamten Energie der Helfer und Zuschauer die Rampe vom Strand hinauf zur Straße begleitet.
Mit einer schier unendlich erscheinenden Strecke sollte Stunden später meine 8. Langdistanz am Strand von Puerto del Carmen ein Ende finden. Gekrönt von einem weiteren unvergesslichen Moment nach all den Jahren Triathlon bei der Ironman Slot Allocation.
Wie sich die großartig begonnene Ironman Lanzarote Laufstrecke für mich wendete, erfährst du in der letzten Etappe unserer Rennberichtserie über den Ironman Lanzarote 2024.
Begleite uns ein Stück über die Strecke der dritten Disziplin, aber auch zur Siegerehrung, dem Finisher Banquet sowie der Slot Allocation und erlebe die Emotionen von der Finishline. Abschließend habe ich noch ein ganz persönliches Fazit über diese beeindruckende Veranstaltung auf einer einzigartigen Insel.
Es war vermutlich der größte Stein, der mir jemals bei einem Triathlon vom Herzen gefallen ist. Nicht einmal bei meinem ersten Ironman 2017 hatte ich mich nach dem Radabschnitt so unfassbar gefreut, diesen Teil der Strecke absolviert zu haben.
Mit all den körperlich kleinen und großen Dramen über die vergangenen Jahre fühlte es sich wie ein Meilenstein an, im Wechselbereich in die Laufschuhe schlüpfen zu können!
Währenddessen ich mich für die dritte Disziplin vorbereitete, fand Anne Haug ihren Weg als Siegerin des Ironman Lanzarote 2024 über die Finishline, was auch im Wechselzelt einen Jubel auslöste.
Zu meinem eigenen Wechsel gehörte aber dieses Mal deutlich mehr als nur, andere Schuhe anzuziehen. Dennoch ging es recht zügig. Lediglich der WC-Stopp hielt kurzzeitig auf. Obwohl sich alles so wohl sortiert und durchdacht anfühlte, befand ich mich erst nach 12:25 Minuten auf der Ironman Lanzarote Laufstrecke. Aber das änderte nichts an meiner Stimmung.
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Glück mischte sich mit Motivation, sodass ich es nicht erwarten konnte, den abschließenden Marathon zu absolvieren. All die Zuschauer, die ich an der Promenade schon vom Rad aus bestaunen konnte, sorgten für eine unglaubliche Stimmung auf den ersten Metern!
IRONMAN LANZAROTE LAUFSTRECKE
Obwohl ich die Radstrecke so moderat angegangen war, steckten natürlich auch in meinen Beinen 180 Kilometer mit reichlich Höhenmetern und unmöglich langer Wettkampfzeit. Ich hatte noch nie so lange auf meinem Fuji gesessen! Und natürlich wartete die Marathonstrecke mit eigenen Herausforderungen auf mich. Aber nach den Strapazen der Radstrecke fühlte es sich fast wie eine Erleichterung an, endlich in den Laufschuhen zu stecken.
In den vergangenen Jahren habe ich mich eigentlich immer gut für den Marathon vorbereitet gefühlt. Es war während des Ironman Lanzarote nicht anders. Vielleicht habe ich mich sogar besser gefühlt als in den letzten Jahren. Meinen Rhythmus hatte ich sehr schnell gefunden. Ich konnte mit Gewissheit sagen, dass mit der eigenen Verpflegung und Iso in der Hand die ersten Kilometer einfach gut verliefen. Die Unterstützung der Zuschauer und die schöne Landschaft halfen zusätzlich und boten in der Anstrengung eine abwechslungsreiche Unterstützung zwischen den Verpflegungsstationen.
Die ersten 5 Kilometer in Puerto del Carmen zogen sich unterhaltsam entlang der Hauptstraße. Hier und da gingen und standen Touristen, die vermutlich genauso wie ich überrascht waren über den Andrang an Menschen. Die Wege schienen dort oben in der Stadt recht schmal, mit besagten Zuschauern und den zuweilen direkt am Rand stehenden Stühlen der Restaurants und Bars. Dazu kam die schiere Fülle an Athleten, die in zwei Richtungen unterwegs waren. In diesem Moment hätte ich gemeint, dass deutlich mehr als rund 1200 Athleten auf der Strecke waren. Abgesehen davon kamen auf der gesamten Länge unentwegt Athleten von der Radstrecke zurück.
Das Gröbste der Enge lag unten am Playa de los Pocillos hinter uns. Dadurch fühlte sich mein Laufen noch besser an. Trotz meiner eigenen Flasche in der Hand nahm ich mir die Zeit, an den einzelnen Verpflegungsstationen die Geschwindigkeit deutlich zu reduzieren, um Wasser zu trinken und einen Becher Eis zu nehmen. Die Wärme hatte mich nach der Ironman Lanzarote Radstrecke etwas überrascht. Auf dem Rad war die Temperatur die gesamte Strecke unglaublich angenehm gewesen. Die letzte lange Abfahrt aus den Anhöhen hinab in die Stadt war zudem eine gute Abkühlung.
Irgendwann unten an den großen Stränden hatte ich meine eigene Flasche ausgetrunken. Entlang aller Wege waren ausreichend Papierkörbe, um auch zu späteren Zeitpunkten Flaschen, Gelreste und Getränkebecher entsorgen zu können. An sich waren aber auch die Wasser- und Verpflegungsstationen ausreichend lang auseinander gezogen, sodass man sich entspannt und gleichwohl zügig versorgen konnte.
Während oben in der Stadt die Luft stand, fühlte es sich bis zum Flughafen, mit deutlich weniger Zuschauern und mehr Freiraum, ganz anders an. Am Ende von Puerto del Carmen, nach 5 Kilometern, befand sich der Wendepunkt für Runde 2 und 3. Die erste Runde ging für mich zunächst hinaus zum Flughafen. Diesen Abschnitt genoss ich tatsächlich am meisten. Von der beeindruckenden Szenerie der landenden und startenden Flugzeuge abgesehen, waren die Strände so schön anzusehen. Und es war kaum ein Mensch dort draußen. Zuschauer applaudierten erst wieder kurz vor Ende des 10-km-Abschnitts, weit hinter dem Flughafen, wo es wieder einige Bars und Restaurants gab.
Zum Glück war ich mental darauf eingestellt, nicht zu erwarten, dass auch ich nach 5km abbiegen kann. Nicht zuletzt, weil ich am Vortag beim Bike Check-in den Berliner Triathleten Stephan Leuendorff traf. Er stimmte mich nicht nur darauf ein, dass die Radstrecke Zeit braucht und eine kleine Reise ist, sondern auch darauf, dass die erste Runde eben nicht bereits am Flughafen oder dahinter endet.
Vielmehr ging es noch einige Kilometer weiter bis nach Playa Honda. Dort, gefühlt im Nirgendwo hinter Stränden und Kaimauern, kam plötzlich mitten auf dem Weg eine Wende. Übrigens komplett ohne WC ausgestattet, was mich dann auch irgendwie beschäftigte. Denn aus dem sich so gut anfühlenden Lauf sollte ein ziemlich gequälter Abschluss des Ironman Lanzarote werden.
Bis Kilometer 10 lief alles so reibungslos, dass es sich nach einem wunderbaren Abschnitt anfühlte und ich vielleicht an der 4-Stunden-Marke kratzen konnte. Die Strecke wäre prädestiniert gewesen, einen schnellen Abschluss für den Ironman Lanzarote zu erreichen.
Die langen Geraden, die minimalen Anhöhen, die sehr guten Fußwege.
Doch wie bei jeder Langdistanz kann man nichts wirklich planen, bis man die Füße über die Ziellinie setzt.
Es hatte sich einige Kilometer angekündigt, aber dennoch fast überraschend in der Intensität wendete sich das Blatt. Plötzlich drehte sich in mir alles um. Nach zehn Kilometern konnte ich die schöne Ironman Lanzarote Laufstrecke gar nicht mehr so genießen, wie ich es gern gewollt hätte.
Diese Laufstrecke weiß auch, wie man Touristen mit langen und breiten Stränden, Lavagestein und türkisfarbenem Ozean für sich einnimmt. Ich fühlte mich, als hätte ich binnen weniger Kilometer eine unfassbare Magen-Darm-Grippe entwickelt. Mein einziger Gedanke galt der nächsten Toilette, die ich tatsächlich erst nach 2 km fand. Ich war mir ganz sicher, dass es danach deutlich entspannter weitergehen konnte. Leider sollte das ganz und gar nicht der Fall sein. Mir verschlug es jeglichen Appetit auf Festes, Flüssigkeit oder auch Gele.
Ab km 15 suchte ich nach jedem nächsten Dixie, egal wie kurz die Abstände waren. Das habe ich so noch nie erlebt, wenngleich ich Magenprobleme kenne. Ohne Olli an einzelnen Punkten hätte ich vermutlich nichts gegessen und getrunken, und es wäre noch übler ausgegangen. Dennoch verbrachte ich unendlich viel Zeit auf den WCs, statt draußen im Ozeanwind, der mich Runde für Runde Richtung Ziel schieben wollte.
Ich war dann natürlich unfassbar froh, als ich endlich die erste lange Runde und gut 20 Kilometer hinter mir gelassen hatte. Die Zuschauer oberhalb des Zielbereichs und die Helfer unten, die uns durch das Labyrinth der zu sammelnden Rundenbändchen und der direkt daneben liegenden Finishline navigierten, sorgten jedes Mal für neue Motivation – egal, wie schlecht es mir ging.
Aber nach all der harten Arbeit auf der Radstrecke ließ ich mich nicht durch kaum nachvollziehbare Magenprobleme aus dem Konzept bringen! Irgendwie musste ich ja ins Ziel kommen. Das Anlaufen nach der Vielzahl an Pausen fiel schwer, aber wenn ich erst einmal dabei war, fühlte es sich auch immer gut nach Laufen an.
Die zweite Runde war dennoch ein komplettes Desaster. Rückblickend habe ich aber das Beste daraus gemacht. Zwischen den Verpflegungspunkten, wo auch die WCs zu finden und von beiden Richtungen zugänglich waren, lief ich in meiner anvisierten Geschwindigkeit. Dabei verging die Zeit rasend schnell. So schnell, dass die Wärme der untergehenden Sonne nur noch an wenigen Stellen spürbar war.
Der Rückweg auf der zweiten Runde brachte aber einige magische Momente mit sich, in denen sich eine wunderbare Abendstimmung mit tiefen Schatten ausbreitete. Als ich oben an den Bars und Restaurants von Puerto del Carmen vorbeikam, schenkte ein Hotel warme Suppe aus. Es roch verführerisch, aber ich war mir sicher, dass sie keinesfalls reingehen würde.
Aufgemuntert hat mich dann eine Bar kurz vor dem Abschluss der zweiten Runde, in der die Band Journey mit “Don’t Stop Believin'” durch die Lautsprecher bis zu mir rüber schallte. Zufälle gibt es manchmal. Vergangenes Jahr schickte mich dieser Song auf die Schwimmstrecke. In diesem Jahr wollte ich auf keinem Fall damit aufhören, daran zu glauben, dass ich es irgendwann ins Ziel schaffen würde. Egal wie viele WC-Stopps noch vor mir lagen. Also holte ich mir unten bei den zur Finisher-Musik Stimmung machenden Helfern mein zweites Rundenbändchen.
Übrigens spannend, dass es diese Bändchen mal wieder gab. Es ist eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich diese sammeln musste. Ehrlich gesagt bin ich davon auch kein großer Fan, aber natürlich war ich froh, als ich das zweite ums Handgelenk platzieren konnte.
Ein letztes Mal musste ich die Rampe hinauf zum Fußweg laufen. Die Zuschauer sind in all den Runden nicht weniger geworden. Im Gegenteil, die ersten gut 500 Meter fühlten sich so an, als ließen sie nur einen schmalen Spalier für uns Athleten in beide Richtungen offen. Es war einfach großartig!
Für Gänsehaut sorgte auch der letzte Radfahrer, der mit Polizeigeleit die restlichen Kilometer Richtung Wechselbereich gebracht wurde. Ich weiß gar nicht genau, wann ich ihn sah. Vielleicht auf genau dieser zweiten Runde. Zuschauer und Athleten applaudierten ihm. Einfach schön zu erleben, wie andere diese wahnsinnige Strecke hinter sich ließen.
Klar, irgendwann kommen auch all die anderen Schmerzen, die so eine Distanz mit sich bringt. Aber für mich gab es nur noch einen Gedanken: Ein letztes Mal 5 Kilometer hinaus durch die Stadt, zu den Stränden hinab und entlang bis zum Kreisverkehr. Auf dem Weg dorthin gab es dann auch endlich den letzten Halt auf einem WC – der letzte von schätzungsweise 12 Stopps und weit mehr als einer halben Stunde, die ich so vertrödelt habe. Und ich kann gar nicht sagen, wie unfassbar froh ich war, dass es nicht alles Dixies waren!
Ich rettete die restlichen 10 Kilometer irgendwie Richtung Ziel, indem ich im Wechsel Cola und Cracker zu mir nahm. Dass ich die Cracker natürlich die nächsten Tage zutiefst bereuen würde, stand auf einem anderen Blatt. In diesen Momenten brauchte es einfach Schadensbegrenzung.
Die Helfer am Kreisverkehr nach den 5km feierten alle. Egal auf welcher Runde! Eine Helferin rief mir zu, dass sie mir einen tollen Zieleinlauf wünscht. Und genau dorthin war ich auf dem Weg. Es zog sich in der Kühle des Abends einfach unfassbar, dabei waren es “nur” 5 Kilometer. Und obwohl ich nirgends abbiegen musste, war der Abschnitt vom Kreisverkehr bis zum kleinen Anstieg, wo die Supermärkte, Cafés, Bars, Geschäfte und Restaurants lagen, die reinste Tortur. Das Ziel war so nah und gefühlt doch so fern.
Meine langsamen Schritte sah ein Zuschauer, der sich als Trainer eines Athleten herausstellte, auf den er wartete. Er lief fast einen Kilometer so unglaublich unterhaltsam neben mir, dass sich das Laufen fast wieder gut anfühlte. Nach unserem langen Schwatz kam uns auch endlich sein Athlet entgegen. Ich dankte ihm gefühlt zehn Mal und wir verabschiedeten uns. Der Rest war einfach nur noch Freude.
Denn dass ich so weit und noch ein Stück weiter kommen würde, war all die Wochen und Monate nicht abzusehen!
Die Zuschauer entlang der Strecke feuerten uns unermüdlich an, und als ich einen Kilometer vor dem Ziel in einer Bar David Bowies “Let’s Dance” hörte, kündigte sich der Zieleinlauf auch aus der Ferne schon großartig an. Das machte den letzten Kilometer nicht kürzer, es hob aber meine sowieso gute Stimmung noch einmal an.
DIE IRONMAN LANZAROTE FINISHLINE
Ich glaube, wir haben uns einfach jeden Zieleinlauf bei jedem Wettkampf unfassbar verdient. Bei Langdistanzen nehme ich es nach wie vor nicht als Selbstverständlichkeit, dass ich das Ziel erreiche. Es gibt so viele Widrigkeiten, die auf so einer Distanz zu einem unüberwindbaren Hindernis werden können. Bei diesem Ironman hätte es durchaus auch für mich auf der Radstrecke enden können, wie bei zahlreichen Athleten, die dort strandeten.
Der letzte Kilometer war für mich mit der Stimmung, den Menschen, den Helfern wie ein Geschenk. Ein Geschenk, das ich mir einerseits hart erarbeitet und andererseits vermutlich auch mit viel Glück erreicht habe.