Schwimmgeschichten: Plantschen wie ein Delphin

Nehme mir jeden Dienstagmorgen – so gegen halb sieben – vor, alles in Ruhe anzugehen, mich auf meinen Trainingsplan zu konzentrieren und endlich mal nicht hektisch mit den Armen wedelnd den Versuch einer 3er Atmung nach wenigen Metern abzubrechen. Während ich tropfnass mit verschwommenem Blick die Lage sondiere und gleichzeitig meinen rosa-lila bepunkteten Schwimmbeutel an einem dieser Holzhaken, wie man sie aus dem Kindergarten kennt (es fehlen nur die bunten Abziehbildchen), aufzuhängen, wird mir immer wieder klar, dass es vermutlich auch heute keinen lockeren Tageseinstieg geben wird.

Ein Blick auf die Endlosbahn für Sportschwimmer auf der anderen Seite des Bades verrät, dass es wieder wie auf einer Autobahn zugehen wird. Kaum habe ich mich mit dem Wasser angefreundet, mich an die ‘Gegenstromanlage’ gewöhnt, meinen Rücken locker gemacht und die ersten kräftigen Armzüge vollzogen, naht das Profi-Trio – nennen wir sie mal Haie. Ich hingegen bin eher ein fröhlich plantschender Delphin, der mal mit Kopf über und mal mit Kopf unter Wasser versucht, Luft zu holen – mit allen üblen Folgen. Sie hingegen schwimmen so dicht aneinander, man könnte glatt den Eindruck gewinnen, sie wären zusammengetackert. Eine Bahn nach der anderen ziehen sie weg, um pünktlich um 7:15 die Halle zu verlassen – Woche für Woche.

Es kommt aber trotzdem vor, dass ich auch andere Schwimmer überholen muss, dann bleibt nur eins – Schulterblick, wie beim Autofahren, nach links, immer in der Hoffnung niemanden im toten Winkel übersehen zu haben, ausscheren, Gas geben, kurz vor anderem Schwimmer einscheren und nicht untergehen, sondern weiter strampeln.

Schwimmzubehör Bahnenzähler

Etwas irritierend ist aber die ein oder andere Neonröhre, die dunkel an der Decke hängt oder ab und zu aufflackert und das Wasser mit einem merkwürdigen Schatten überzieht. War ja auch erst Montag, der komplett geschlossene Montag, an dem geputzt, repariert und erneuert wird… Aber vielleicht auch gut so, dann sieht man wenigstens meterweise nicht so gut, was unter einem trotz der absolut professionellen Komplettreinigung so umherschwimmt.

Damit ich während all dieser Kleinigkeiten, die Übersicht über die geschwommenen Bahnen nicht verliere (immerhin 34-40 pro Einheit), trete ich mit meinem rot-blauen Bahnenzähler mindestens genauso professionell auf, wie das Trio. Meine Folientasche, die meinen Plan beinhaltet, und zu Beginn ganz ordentlich auf den Badelatschen drapiert wird, setzt da noch einen oben drauf. Aber die tatsächlichen Profis, die mit langer Schwimmhose und Trinkflasche anrücken, können sich natürlich sowohl Plan wie auch Bahnen merken…

Ist es dann irgendwann geschafft und das geht mittlerweile immer schneller, habe ich nur noch wenige Minuten, um das Bad wieder zu verlassen, denn der Frühbucherrabatt gilt schließlich nur bis acht Uhr! Während ich versuche, nicht aus den Badelatschen zu kippen, tönt es durch die komplette Damensammelumkleide: “Reeeenate*! Hast du mal einen Moment? Ich brauche dich für meinen Rücken – zum Eincremen.” Aber Renate kann nicht, denn die sucht ihre Brille, deshalb muss die neue Ute herhalten. Letzte Woche war ihre Geldbörse für etwa zehn Minuten gestohlen. Nach Panik stellte sich heraus, dass Renate sie in ihrem Schuh versteckt hatte, es sollen ja Diebe umhergehen. Vielleicht lag ja auch da ihre Brille…

*Die Namen wurden natürlich ausgetauscht.

7 Gedanken zu „Schwimmgeschichten: Plantschen wie ein Delphin“

  1. Sind die verehrten Damen mit geänderten Namen jene, mit den aufturbierten Haaren, deren Zorn man auf sich lenkt, wenn man beim Umschwimmen die aufwendige Frisur mit Wasser benetzt?

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  2. Oh je… bei so einem Verkehr hätte ich längst ja schon wieder aufgegeben. Wirklich bewundernswert, wie Du das bei den Bedingungen durchhälst!
    Die “Profis” mit den langen Badehosen haben vielleicht gar keinen Plan; daher brauchen sie auch keine Bahnen zählen (so einen Bahnenzähler hab ich ja noch nie gesehen… was es nicht alles gibt!)
    Du hast Renate sicher nicht den Tip gegeben, die Brille im Schuh zu suchen, oder?
    Keep on swimming! Viele Grüße,
    Maria

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  3. Wow – dass Du dich trotz dieser Bedingungen ins Wasser traust ist bewundernswert 🙂 Ich musste mehrmals schmunzeln – aber ich glaube ich selbst würde mich da nie ins Wasser begeben 🙂
    Liebe Grüsse
    Ariana

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    • Liebe Ariana,

      ja, auf jeden Fall, da muss man irgendwie durch. Also ich. Nicht immer einfach, aber im Wettkampf geht es ja auch schon mal turbulenter zu, wie du hier nachlesen kannst.

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