Radgeschichten: Den Lenker noch einmal herumgerissen

Eigentlich bin ich ja selbst schuld. Wie konnte ich auch auf die dumme Idee kommen, dass es total super sein würde, wenn ich mich kurz nach Feierabend noch einmal mit meinem Fuji auf die Piste wage. Wieso bin ich nicht wie so oft am Abend einfach auf den Rollentrainer gekrabbelt und habe da meine Zeit entspannt verbracht?! 

Das ist definitiv kein Beitrag für Mutti oder Omi, aber so viel kann ich vorne weg sagen, es gab ein Happy End und ich hatte auch wirklich soweit alles unter Kontrolle. Dennoch! Dieses Mal hat mir nicht frech ein Radsportler am Hinterrad geklebt. Darüber ärgere ich mich hin und wieder, twittere auch schon mal drüber aber schreibe eigentlich weniger davon hier. Die Idylle, die ich sonst so auf den Landstraßen liebe und von der ich erst neulich in meiner Radgeschichte schwärmte, wollte sich heute irgendwie nicht so recht einstellen. Stattdessen verlief alles absolut chaotisch. Beim Radtraining war meine komplette Aufmerksamkeit gefragt.

Natürlich wird es immer die Guten unter den Auto-, LKW-, Motorrad- und Radfahrern geben. Aber es wird auch immer die geben, die einem manchmal die Vorfahrt nehmen. Die das Tempo so gar nicht einschätzen können, was man da in die Pedale bringt. Sie fahren aus ihren Einfahrten. Einfach so. Ich habe aufgegeben, mich zu fragen, was sie sich denken. Sie überholen so dicht, dass ich mehrmals glaubte, mir würde jeden Moment mit dem Beifahrerspiegel mein Lenker unter der Aeroposition weggeschubst. Sie überholen, wenn Überholverbot herrscht und scheren so dicht vor einem ein, als würden sie das Vorderrad übersehen. Sie hupen, obwohl ich in einer 30er-Zone schon schneller unterwegs bin, als erlaubt und am Rand der Ränder vor mich hin strampele. Dann gibt es Spezialisten, die an einem vorbei fahren, um kurz vor mir einzuscheren und abzubremsen, weil sie abbiegen wollen. Sie, in diesem Fall Motorradfahrer, fahren Schlangenlinien und benutzen beide Spuren, weil die Straße angeblich frei ist. Nur übersehen sie da mich, die sich schnell im Schatten der Bäume bewegt und sich letztlich durchaus mit Angst aufrichten muss, damit sie wahrgenommen wird.

Sicher kann jeder Radsportler diese Ereignisse vielfältig fortführen… Für mich war heute mal wieder einer dieser Tage, der mir unglaublich eindringlich gezeigt hat, wie aufmerksam man als Radfahrer im Straßenverkehr sein muss! Erst recht, wenn man in Aerohaltung fährt und die Bremsen nicht so leicht zu fassen sind. Worüber ich mich aber letztlich am meisten geärgert habe, war ich selbst. Warum ich in so vielen Situationen nicht meinen Mund aufgemacht habe und meinen – so wie ich glaube – oft mehr als begründeten Unmut zum Ausdruck brachte!

Zum Glück gab es aber ganz wunderbare Momente, die tatsächlich noch mal den Lenker herumgerissen und das Training gerettet haben!

Als ich von einem Radweg abfahren und über eine viel befahrene Straße musste, wären vermutlich Minuten vergangen, bis ich hinüber gekonnt hätte. Stattdessen wie abgesprochen hielten mitten aus dem Verkehrsfluss aus beiden Richtungen zwei Fahrzeuge, brachten den Verkehr zum Erliegen und ließen mich rüber. Nach so einem anstrengenden Anfang meiner Tour hätte ich niemals damit gerechnet. Ich grinste beide an. Freude kam auf!

Dann war da noch dieser Traktorfahrer, der eigentlich Vorfahrt hatte. Ich stand an einer Kreuzung und rollte etwas genervt mit den Augen. Er hatte mir wirklich noch gefehlt. Statt nun aber auf meine Spur einzubiegen und mich langsam hinterher fahren zu lassen, hielt er an und ließ mich vor. Wir winkten uns freudig zu und ich konnte weiter Vollgas geben.

Um das Training so richtig rund und perfekt werden zu lassen, spielte mir der Wind endlich mal wieder so richtig gut mit. Zwar trat ich von Anfang an ordentlich in die Pedale, aber auf den letzten fünf Kilometern lief es gefühlt echt rund. So konnte ich als versöhnlichen Abschluss des Tages über meine kurze Trainingsstrecke von 34km meine Bestzeit um eine Minute verbessern.

Somit geht es nun doch mit einem guten Gefühl ins Wochenende. Zumal ich die ausgefallene Schwimmeinheit von gestern im Anschluss an die Radpartie direkt nachholen konnte. Die lief doch tatsächlich wirklich gut. Nicht schnell, aber immerhin mal wieder im Freiwasser bei Spätabendsonne und mit viel, wirklich sehr viel Ruhe!

Ihr habt doch garantiert auch schon solche Ausfahrten erlebt, oder? Fällt es euch dabei immer leicht, Ruhe zu bewahren?

..‚Din‘ ist Gründerin von Eiswuerfel Im Schuh

20121111-082354.jpgAls Triathletin & Autorin von Eiswuerfel Im Schuh bin ich zusammen mit meinem Sportfotografen immer auf der Suche nach der nächsten Herausforderung und neuen Bildmotiven. Als Julimädchen liebe ich die Sonne, das Meer und den Sand zwischen den Zehen, genieße aber auch die Ruhe auf meiner Yogamatte oder auf einem Surfbrett. Ich freue mich, mit dir auf FacebookTwitterPinterestInstagram und Google+ in Kontakt zu bleiben.

 

6 Gedanken zu „Radgeschichten: Den Lenker noch einmal herumgerissen“

  1. Erst heute auch wieder erlebt! Dichtes einscheren, Vorfahrt genommen… Man muss so unglaublich aufpassen und zur Krönung wird man auch noch angepöbelt… Ich schimpfe zurück, aber glücklicher macht es mich auch nicht. Da sitzt dann das flaue Angst Gefühl im Bauch noch zu doll drin!! Aber es ist nicht immer so Zum Glück!! Einen wunderschönen Abend!! Yvonne

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  2. Hallo Din,
    Du hast so recht. Es vergeht leider keine Radausfahrt auf der man nicht in unangenehme Situationen kommt. Manchmal sogar mehrfach. Ich bin froh und dankbar, dass die mesten Radfahrer so einen siebten Sinn entwickelt haben und so frühzeitig Schlimmeres zu verhindern wissen. Aber auch wenn man mit dem „Unvermögen“ von anderen Verkehrsteilnehmer rechnet, müssen die Schutzengel manchmal Schwerstarbeit leisten.
    Ich wünsche uns weiterhin eine unfallfreie Saison und ein Höchstmaß an Spaß auf unseren Ausfahrten.
    LG Frank
    P.S.: Das neue Design ist sehr gelungen!!!

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    • Hi Frank,

      oh weh. Ja, die leisten in der Tat ab und zu wirklich Schwerstarbeit. Auch dir immer gute Fahrt voraus. Ich summe mich jetzt mit dem Ohrwurm vom 7. Sinn durch den Tag…

      Danke dir! Freut mich, dass dir das Design gefällt.

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