Der Ironman Frankfurt gehört vermutlich zu den absoluten Kult-Veranstaltungen, die Langdistanz-Triathleten wenigsten ein Mal absolviert haben sollten. Bei unglaublichem Sommerwetter haben sich Anfang Juli rund 3000 Athleten der unfassbaren Distanz von 226 Kilometern angenommen, um diesen einen Satz zu hören: You are an Ironman! Ich war mitten unter ihnen und wie alle an diesem hitzigen Tag mit einem riesigen Triathlon-Kämpferherz unterwegs, trotz noch größerer Zweifel, wie man solche Distanzen überhaupt bewältigen kann. Das Schwimmen überraschte direkt positiv wie negativ. Mehr erfahrt ihr jetzt in meinem ersten Teil zu meinem Ironman Frankfurt.
Bei über 30° sorgten rund 4000 Helfer mit ordentlich Verpflegung, gut 10 Tonnen Eis und Unmengen von Getränken dafür, dass es uns Triathleten während des Ironman Frankfurt eigentlich an nichts mangelte und wir uns auf den vermutlich längsten Tag des Jahres konzentrieren konnten. Dazu waren wir auf einer Strecke unterwegs, die vor allem durch ihren Marathon und die Zuschauer, die Meter um Meter den Main entlang säumten, geprägt war.
In vielerlei Hinsicht war der Ironman Frankfurt sicher nicht nur für mich ein unvergessliches Erlebnis. Ein Erlebnis, das mit einer unglaublichen Medaille gekrönt wurde, die ich mir so ersehnt und hart erkämpft habe. Der Kampf begann sprichwörtlich mit der ersten Disziplin, dem Schwimmen! Ich bin heute noch erstaunt, dass ich nicht die Flucht ergriffen oder komplett entnervt einfach aufgehört habe. Ich musste noch nie so eine Prügelei einstecken. Selbst bei einer Sprintdistanz während eines Massenstarts mit Männern zusammen ging es bis jetzt bei mir sehr viel entspannter zu. Dennoch konnte ich mich wirklich selbst überraschen. An diesem Tag allein während des Schwimmens sogar gleich zwei Mal!
Ich zeigte vermutlich das erste Mal in meinem kurzen Triathletenleben richtig Ellbogen und konnte deutlich eher als letztes Jahr aus dem Wasser steigen.
Was da passierte, verstehe ich bis heute nicht so ganz. Vermutlich ist es eine Kombination aus tatsächlich mal die Distanz zu schwimmen, die man sollte. Nämlich ohne relativ große Umwege einfach 3,8km. Dazu eventuell der Neoprenanzug, der einen super Komfort hat und ja, vielleicht auch ein etwas besserer Trainingszustand mit weniger Trainingskilometern in den Armen…
Alle Bilder könnt ihr zur Vergrößerung anklicken.
Während der Langener Waldsee noch im Dunkeln lag, hieß es für mich um kurz vor vier aufstehen und mit Banane und Haferbrei das übliche Wettkampffrühstück zu löffeln. Denn endlich hieß es wieder: Guten Morgen, Triathlon! Guten Morgen, Ironman Frankfurt. Guten Morgen, zweite Langdistanz.
Nicht, dass mir das Aufstehen und Frühstücken leicht gefallen wäre. Aber als Triathlet ist man einiges gewohnt, auch wenn dieses frühe Aufstehen an diesem Tag nicht meine Lieblingsdisziplin war. Nach einer wirklich schlaflosen Nacht, eierte ich mehr schlecht als recht mit meinem Löffel umher. Mein einziger Gedanke galt meinen Schläuchen und dem Fuji, das einen halben Tag allein am See in der Mittagssonne brutzelte. Ich hatte es wie alle Teilnehmer am Vortag in der Wechselzone 1 abgeben müssen. Man konnte wahlweise selbst anreisen oder einen vom Veranstalter gestellten Shuttle Busse nutzen. Von denen ich aber am nächsten Morgen von einigen Athleten hörte, dass es ein etwas aufwendigeres Prozedere mit sehr langen Wartezeiten war.
Der Check-In des Rades mit entsprechender Kontrolle des Zubehörs und Rads selbst ging trotz der langen Schlange am Eingang zügig. Meine Freude, mein Fuji und alles andere bald an Ort und Stelle zu wissen und endlich alle Vorbereitungen abgeschlossen zu haben, wuchs und wuchs. Nachdem das obligatorische Foto zur Sicherheit nach dem Eintritt von mir und meinem Rad gemacht wurde, brachte mich ein Helfer zu meinem Standplatz. Er war routiniert bei der Sache. Kein Wunder. Mehr als zehn Jahre unterstützt er den Ironman Frankfurt nun schon und freut sich mit jedem Athleten, der das Ziel erreicht, hört sich ihre Geschichten an und spricht selbst ganz begeistert von der Veranstaltung.
Was wären die Veranstalter und wir Athleten ohne die zahlreichen freiwilligen Helfer?!
Während für mich die Wechselzone 1 des Ironman Frankfurt einem Irrgarten gleicht, führte mich der Helfer vom Rad durch die Umkleide-Zelte weiter zu den Ständern für die Rad Wechselbeutel. Ich hatte das unglaubliche Glück, direkt den ersten Haken in meiner Reihe zu haben. So konnte ich vermutlich ohne viel Gewühl am Sonntagmorgen nach dem Schwimmen schnell und sicher den richtigen Beutel greifen. Ein letzter Blick, vermutlich der fünfte, hinein ob wirklich auch noch alles so wie beim Zusammenpacken enthalten war, musste einfach sein. Es ging weiter zum LKW und den Helfern, die die Lauf-Beutel entgegen nahmen. Da ich nicht noch einmal in die Innenstadt zum Römer in die Wechselzone 2 wollte, um dort meinen Lauf-Beutel abzugeben, überreichte ich ihn vertrauensvoll am LKW und hoffte, dass ich ihn am nächsten Tag auch tatsächlich nach der Radrunde finden würde. Nicht, dass ich nicht in die Helfer vertrauen würde, aber man weiß ja nie…
Zum Abschluss gab es noch den obligatorischen Chip, den man bis zum nächsten Morgen besser nicht verliert. Obwohl Panik darum auch überbewertet wird. Denn für irgendwie alles bietet der Service des Ironman mit freundlichen Helfern Ersatz. Nun war alles erledigt und dem Ironman Frankfurt sollte nichts mehr im Weg stehen.
Als das Frühstück um kurz nach fünf endlich alle war, traf ich die letzten Vorbereitungen. Ich fühle mich an dem Wochenende immer in etwa so, als hätte ich das Haus verlassen und wäre unsicher, ob der Herd tatsächlich aus ist. Ständig geistert irgendetwas im Kopf herum, was nicht richtig laufen könnte oder was ich vergessen hätte. Zum Glück war ich mir recht sicher, dass ich zumindest die wichtigsten Utensilien wie Helm, Rad und Laufschuhe hatte. Irgendwann trottete ich wenige Meter vom Hotel zur Shuttle Busstation, wo die Stadtbusse wahlweise mit der Aufschrift Ironman Frankfurt oder Langener Waldsee aneinander gereiht standen. Der erste war gerade weg und es bildete sich ein Knäuel mit Athleten und deren Angehörige rund um die Busstation. Ordner sorgten aber zügig dafür, dass die wartenden Busse gefüllt wurden und abfahrbereit waren. Die Sonne sorgte derweil zumindest für so viel Helligkeit, dass ich nicht gleich wieder einschlafen wollte. Am Langener Waldsee angekommen stieg die Nervosität. Ich eilte umgehend zum Fuji, das noch voll aufgepumpt dort hing, wo ich es am Vortag abgestellt hatte. Damit konnte endlich der Tag so richtig beginnen! Nachdem die Flaschen aufgefüllt waren, kontrollierte ich abermals meinen Radbeutel. Da kommt man sich schnell mal vor, als würde man unter Zwängen leiden… Mit der Gewissheit, das alles Nützliche und Unnütze im Beutel war, zog ich mich um, denn es gab die Freigabe für den Neoprenanzug. Einige Helden des Tages beließen es dabei, ohne zu schwimmen. Bei anderen brach spontaner Jubel aus. Ich nahm es hin, wie es war. Nachdem ich mich Tage davor damit abgefunden hatte, dass ich ohne Neo unterwegs sein würde, war es mir irgendwie gleich. Einen großen Vorteil hatte es nur. Dieses Mal entschied ich mich dafür, meinen Tri Suit direkt unter dem Neo zu tragen. Die zu erwartenden Temperaturen sorgten bei mir für sehr großes Wohlbefinden. Ich war mir sicher, dass ich vermutlich nicht einen Kilometer frieren müsste, selbst wenn ich tropfend nass aufs Fuji steigen würde.
Tropfend nass musste ich mitten beim Umziehen auch noch schnell meinen Arm machen, um meine Startnummer wenigstens dort anbringen zu können. An den Beinen war es recht unnütz, weil ich wusste, dass ich garantiert Kompressionsstrümpfe anziehen werde. Während ich also mit meinem Arm, der Nummer und der Fummelei mit dem Neo beschäftigt war, gaben die Profis einer nach dem anderen Interviews, was mich nebenbei etwas von der Vorstartaufregung ablenkte.
Mit dem Neo über den Beinen und der Badekappe und Schwimmbrille in der Hand ging ich mit einem letzten Snack runter zum See. Noch nie war ich so früh vor einem Start startklar beziehungsweise mit allen Vorbereitungen fertig. Um kurz nach sechs stand ich unten am See. Ich war unsicher, wie das mit den Shuttle Bussen laufen würde und im Falle eines platten Reifens wollte ich ausreichend Zeit haben, um zwar vermutlich in Panik aber zumindest mit einem Zeitpuffer den Wechsel vorzunehmen/vornehmen zu lassen. Da wider Erwarten alles glatt ging (und das sollte sich im Laufe des Tages immer wieder wiederholen), hatte ich gefühlt unendlich viel Zeit.
Meine Vorfreude hielt sich an dem Morgen in Grenzen. Was mich wirklich schon regelrecht nervte. Ich meine, dass ich schon gespannt war auf den Tag und ich es toll fand, endlich wieder an der Startlinie eines Triathlons zu stehen. Dieses Jahr war mein Kopf aber mit allem etwas überfordert und wer meine Trainingszusammenfassungen regelmäßig liest weiß, dass sich das besonders in den vergangenen beiden Monaten mehr als anstrengend angefühlt hat.
Zusammen mit einigen Pros wie Sonja Tajsich und Patrick Lange sprang ich einfach mal in das, nun ja, sich etwas kühl anfühlende Wasser, um die Arme und Schultern zu lockern. Die kurze Einheit am Tag zuvor hatte seine Wirkung gezeigt. Ich fühlte mich tatsächlich richtig gut und die Schwere, die sich etwas mit der Reise im Oberkörper ergeben hatte, war komplett verschwunden. Vielleicht Einbildung. Aber in jedem Fall nahm die Freude über den Tag dann doch mit jeder Sekunde zu.
Mir war plötzlich total unklar, wie ich vorher so einen Heckmeck machen konnte.
Mit dem Ausstieg aus dem See konnte ich den Start zu meiner zweiten Langdistanz, zum Ironman Frankfurt kaum abwarten. Der sollte sich allerdings noch einige Zeit hinziehen! Die aufkommende Müdigkeit wurde immer wieder von der Vorfreude breit geschlagen. Außerdem zeigte sich der See im schönsten Morgenlicht. Da gab es schon immer wieder einiges zu staunen und zu beobachten. Ein TV Helikopter kreiste ebenso über dem See wie eine Drohne. Die mehr und mehr davon ziehenden Wolken waren in pink und orange getaucht, während der blaue Himmel im Kontrast dazu strahlte.
Ich schlenderte etwas den Strand auf und ab. Kurz vor halb sieben mussten alle Athleten raus aus dem Wasser. Die Startblöcke füllten sich langsam und ordentlich wie immer reihte ich mich exakt dort ein, wo ich dachte, ich wäre richtig. Es konnte ja niemand ahnen, dass ich ausgerechnet an diesem Tag doch um einiges schneller sein würde. Ohne jegliche Idee, wie das Schwimmen laufen sollte, hatte ich doch gefühlt nur halb so viel Zeit im Schwimmbecken verbracht wie vergangenes Jahr, stand ich in der Reihe 80-90min. Tatsächlich trainierte ich aber nur etwas weniger und hatte extrem intensive Yogazeiten hinter mir. Dass mich das aber gleich trotz unfassbarer Prügelei so vorantreiben würde, war mir absolut nicht klar.
Für die Profi Herren ging es mit dem ersten Kanonenschuss des Ironman Frankfurt um Punkt halb sieben ins Wasser. Gewohnt rasant waren sie binnen Sekunden vom Strand entfernt. Genauso schnell zog sich das Feld auseinander. Es ist jedes Mal in Erlebnis, wenn der Wettkampf so beginnt. Das schürt natürlich Aufregung und das Warten wird nach dem Start der Profi Damen wenige Minuten später zur Qual. So war es auch am Langener Waldsee.
Der dritte Schuss entließ kurze Zeit später die ersten Altersklassenathleten auf die Strecke. Für mich ging es keinen Schritt vorwärts. Stattdessen spielte sich ein echtes Drama vor meinen Augen ab. Ein Athlet dachte, er hätte seine Schwimmbrille wie alle anderen auf dem Kopf über der Badekappe. Tatsächlich hatte er sie nach dem Einschwimmen scheinbar auf dem Weg zum Startblock verloren und stand nun ohne da. Ein anderer Athlet versuchte ihm Mut zu machen, dass es ja Süßwasser war und er das ganz sicher auch ohne schaffen würde. Ich war fassungslos und hätte ihm aus Mitleid gern meine gegeben. Was alles passieren kann! Das zeigte mir nur wieder, dass auch ich endlich mal etwas wacher, konzentrierter und nicht immer so verträumt sein sollte.
Um mich herum waren nur ganz vereinzelt Frauen und selbst später während des Schwimmens sah ich wenig pinke Badekappen. Im Rennverlauf waren auch gefühlt nur wenige Damen unterwegs. Erst beim Laufen traf ich auf deutlich mehr. Insgesamt sollen nur 15% der Starter an diesem Tag Athletinnen gewesen sein.
Wo seid ihr Frauen? Ich finde 15% geradezu verschwindend gering.
Zwischenzeitlich hatte ich mir gewünscht, dass ein Wasserstand in der Nähe des Schwimmstarts wirklich gut getan hätte. Mehr als 20 quälende Minuten später, ging es für mich mit dem rollenden Start Richtung Wasser und wir konnten aufrutschen. Um 7:02Uhr machte ich in den ersten Schritt in den Langener Waldsee. Doch um einiges Später als beim Ironman Zürich letztes Jahr.
Bis dahin hoffte ich noch, dass das Schwimmen ebenso gesittet für alle Athleten und für mich entsprechend angenehm ablaufen würde. Dass ich so enttäuscht werde, hätte ich absolut nicht gedacht. Mit dem ersten Armzug steckte ich in dem schnell zunehmenden Chaos Prügel ein. Obwohl ich versuchte mich recht weit rechts und außerhalb des Getümmels aufzuhalten, gab es kein Entkommen. Ich hatte die Hoffnung, dass sich das später geben würde und wollte keinesfalls schon am Anfang nachgeben. Ich zeigte tatsächlich mal Ellenbogen und ließ mich nicht von den immer wieder auftauchenden Brustschwimmern oder Athleten, die orientierungslos kreuz und quer um sich schlugen, abbringen. Teilweise waren es Wände von Brustschwimmer, auf die ich aufschwamm. So hatte ich mir das Schwimmen bei meinem zweiten Ironman wirklich nicht vorgestellt. Manche Athleten, die ich überholen musste, lagen wie ein Stein im Wasser. Selbst mit unendlicher Vorfreude und ordentlich vollgetankt mit Koffein oder was auch immer behaupte ich mal, dass ich mich nie so daneben einschätzen würde. Nun war ich letztlich schneller als die Gruppe, in der ich mich einreihte, aber so verfehlt war meine Einschätzung dennoch nicht. Ich manövrierte recht zielstrebig Richtung linke Seite des Schwimmfeldes, wo es mir leerer erschien. Das ging auch wenige Meter gut, bis die nächste Masse an langsameren Athleten vor mir lag.
Von Rhythmus konnte keine Spur sein. Auch nicht, als ich mich bereits auf dem Rückweg der ersten Runde befand. Das geradlinige Schwimmen fiel mir gegen die Sonne recht schwer, wenngleich ich keine wirklichen Umwege wie vergangenes Jahr beim Ironman Switzerland auf mich genommen hatte. Da war ich aufgrund der elend langen Geraden auf der einen Runde zeitweilig etwas vom Weg abgekommen. Mein mittlerweile brummender Kopf war wirklich froh, als ich nach etwa 1,5km den See kurz für den kleinen Landgang verlassen konnte. Frohen Mutes, dass die zweite, längere Runde dafür sorgen würde, dass sich die Athleten etwas zusammenreißen würden und sich das Feld wirklich mal auseinander zieht, lief ich erneut ins Wasser. Kaum war auch der Kopf wieder im Wasser, ging alles von vorn los. Ich behaupte einfach mal, dass viel zu viele Athleten auf der Strecke waren. Sicher hat sich der ein oder andere auch falsch eingeschätzt. Aber für mich war es eine zu große Masse, die da unterwegs war. Dennoch fühlte ich mich extrem sicher, dass ich nun auch den zweiten, viel längeren Abschnitt packen würde.
Auf diesen Moment der Selbstsicherheit warte ich bei jedem Triathlon drei Mal.
Ich hoffe auf diesen Moment bei jeder einzelnen Disziplin. Mal kommt er eher. Mal später. Bis jetzt kam er immer mit ordentlich Gänsehaut.
Die Orientierung raus auf den See mit der Sonne im Rücken fiel deutlich leichter. Ich sah zu, dass ich wieder möglichst weit am Rand unterwegs war. Mich erwischte dennoch immer wieder der ein und andere Schlag am Kopf, den Beinen und Armen. Nur selten konnte ich einige Meter in Ruhe genau so schwimmen, wie man es sich vorstellt. Einfach mit dem Feld. Die Bojen wurden im Tumult hin und her geschubst. Ich war froh, wenn ich ohne unterzugehen meinem Weg um sie herum fand. Auch da hieß es wieder, sich nicht abdrängen oder unterstuken zu lassen. Ich frage mich ja immer, ob andere Athleten so unempfindlich sind und es partout nicht mitbekommen, wenn sie mit ihren Armen immer wieder auf andere Athleten draufschlagen. Ich würde mich ja immer schon entschuldigen wollen, wenn ich nur den Fuß vom Vordermann berühre…
Erst mit der letzten Richtungsänderung, die uns zurück Richtung Strand brachte, wurde es wirklich spürbar angenehmer. Ich fand meinen Weg an die rechte Seite und schwamm. Einfach so. Ab und zu schaute ich nach vorn und suchte das riesige Powerbar Tor, das aus der Ferne flach über dem Wasser zunächst kaum zu sehen war. Aber die Zuschauer waren zu hören. Wieder so ein Gänsehaut-Moment. Endlich der zweite. Das sind die Erlebnisse, die durch solche Wettkämpfe tragen. So wie ganz kitschig die aufgehende Sonne über dem See, die das Wasser zum Funkeln brachte. Ich hoffte, dass es mehr davon geben würde! Nicht jetzt gleich beim Schwimmen. Aber später. Denn die letzten paar hundert Meter waren unglaublich schnell vorbei. Mit all dem Kampf davor, verflogen sie regelrecht als endlich Luft zum Atmen und Platz zum Schwimmen war. Herrlich. Ich hatte einen eigenen Rhythmus. Fast unglaublich nach schätzungsweise 3,5km. So war es ja mehr oder weniger beim Ironman in Zürich. Ich schwamm trotz ziemlich erschöpfter Arme soweit es ging ran an den Strand. Der Weg hoch zu den Rädern sollte nämlich mit dem Anstieg und dem Sandstrand ganz schön beschwerlich werden.
Durch den Landgang zwischendrin hatte ich auch deutlich weniger Kreislaufprobleme. Ich stand schnell sicher und konnte zügig aus dem Wasser und den Hügel hinauf zur Wechselzone laufen. Alles lief wie immer nur etwas zügiger. Schwimmbrille hoch. Uhr ab. Neo runter. Uhr wieder an den Arm und weiter flitzen. Da hatte ich dann auch endlich den Blick zur Zeit gewagt und konnte es kaum fassen. Ich war doch um einiges schneller als vergangenes Jahr. Dass es aber tatsächlich ganze sieben Minuten waren, wie ich später erfuhr, machte mich sprachlos. Schließlich war ich auch im Training immer gut und komfortabel um 85 Minuten mit Neo unterwegs. Ich dachte nicht, dass da viel Raum für Verbesserung besteht. Schon gar nicht in der aktuellen mentalen Verfassung und mit dem oft geschwänzten Training. Nun waren es mit ordentlich Haue tatsächlich nur 77 Minuten und 53 Sekunden.
Es ist doch unglaublich schön, wenn man von sich behaupten kann, dass man sich noch selbst überraschen kann!
Gleiches tat ich auch in der Wechselzone. Meine Stimmung war gut. Ich stampfte etwas atemlos aber routiniert durch die Babybecken, um meine Füße zu säubern. Griff meinen Wechselbeutel. Flitzte durch das Wechselzelt an das andere Ende, um einen der letzten Plätze zum Hinsetzen zu ergattern. So viel Zeit ist immer. Ich schüttete meinen Beutel aus und zerrte mir meine Kompressionsstrümpfe über. Das gehört ganz sicher zu den Ideen, die man eigentlich besser nicht hat. Aber letztlich war ich froh, die Teile anzuhaben und nicht später in der WZ2 damit herummachen zu müssen. Während meiner Zerrerei schrie eine Helferin nach einer Beutelnummer, während eine Athletin verzweifelt neben ihr stand. Es hatte doch tatsächlich jemand einen falschen Beutel gegriffen und scheinbar nicht mehr zurück gebracht. Unfassbar. Die Ärmste stand nun in Schwimmsachen da. Das tat mir so leid und ich hoffe sehr, dass sie diesen Ironman dennoch ins Ziel bringen konnte.
Nachdem die Strümpfe bei mir endlich gesessen hatten, bat ich eine Helferin mich schon einmal einzucremen, während ich die letzten Details an mir und meinen Sachen zurecht zupfte. Luxus! Vergangenes Jahr hatte ich ja gleich fröhlich zwei Mal die Station mit der Sonnencreme ignoriert. Dieses Mal gab es kein Entkommen. Die Helferinnen standen mitten im Weg und in meinem Fall direkt vor meiner Nase! Mit Helm und Schuhe an flitzte ich zur Abwechslung mal direkt in die richtige Reihe Richtung Fuji. Irgendwie fast unheimlich, wie das nach der langen Wartezeit vor dem Start plötzlich alles zügig hintereinander weg lief an diesem Tag. Weniger zügig war ich allerdings enttäuschender Weise auf dem Rad unterwegs. Davon aber mehr in meinem zweiten Teil zum Ironman Frankfurt.
P.S. Werbung: Durch das morgendliche Schwimmen brachte mich mein Sailfish G-Range. Meine Familie beharrt auch jetzt noch drauf, dass ich nur deshalb so viel schneller war. Das lasse ich einfach mal so stehen. In jedem Fall schwimmt er sich wirklich extrem komfortabel und egal ob im Freiwasser oder Frühjahr im Freibad, ich bin sehr gern mit ihm unterwegs. So auch mir der verspiegelten Arena Cobra Tri. Sie scheint erst einmal sehr dunkel getönt zu sein, aber im Freiwasser bei Sonne und selbst bei leichter Bewölkung macht sie sich wirklich gut. Sie gehört auch zu den bequemsten Brillen, die ich besitze. Einen sehr großen Vorteil hat sie zudem. Die Gläser sind binnen Sekunden aufgrund des Materials und Bauweise nicht nur trocken, weil das Wasser sofort abfließt, sondern bietet so auch eine absolute klare Sicht. Natürlich durfte auch ein Technik-Gadget nicht fehlen. Der Garmin Forerunner 935 war wieder sehr zuverlässig im Einsatz.
Die weiteren Beiträge von Olli und mir zum Ironman Frankfurt findet ihr hier:
TEIL II: DER 180 KILOMETER RADABSCHNITT BEIM IRONMAN FRANKFURT
TEIL III: MEIN FINALER MARATHON BEIM IRONMAN FRANKFURT
VORBERICHT IRONMAN FRANKFURT: PRE-RACE TAGE MIT PRESSEKONFERENZ
Lust auf mehr Geschichten rund um meine Triathlon-Reisen, -Trainings und -Wettkämpfe? Dann schaut bei den Triathlongeschichten vorbei.
Alle hier gezeigten Fotos wurden von Oliver erstellt. Die Rechte an diesen Aufnahmen liegen bei ihm und mir. Eine weitere Nutzung ist nur in Absprache mit uns möglich.
Als Triathletin & Autorin von Eiswuerfel Im Schuh bin ich zusammen mit meinem Sportfotografen immer auf der Suche nach der nächsten Herausforderung und neuen Bildmotiven. Als Julimädchen liebe ich die Sonne, das Meer und den Sand zwischen den Zehen, genieße aber auch die Ruhe auf meiner Yogamatte oder auf einem Surfbrett.
Toller erster Bericht – bin gespannt auf die weiteren! Und Kompliment an Olli, seine Fotos fangen die Stimmung, die dein Text transportiert, super ein!
Das mit der geringen Zahl an Teilnehmerinnen ist mir im Kraichgau auch schon aufgefallen. Je länger die Distanz, desto weniger Mädels. Dabei können wir das doch mindestens genauso gut.
Hallo liebe Christina,
vielen lieben Dank von uns beiden! Das ist auch genau das, was Olli möchte. So wie ich mit meinen Texten möchte er die Stimmung in Fotos einfangen und damit Geschichten für sich erzählen.
Als ich damals in Kona für die Hawaii Berichterstattung war, hatte mir ein Bekannter gesagt, dass er es wirklich sehr erstaunlich findet, was Frauen auf der Langdistanz für Leistungen abliefern und dass sie oft sogar viel mehr Potential als Männer haben. Das lasse ich mal so stehen, zeigt aber, dass wir es wirklich mindestens genauso gut machen. Durch diesen gemeinsamen Wellenstart verliert man leider auch die Frauen total aus dem Fokus. Wenn wir bei Wettkämpfen gemeinsam an den Start gehen, wirkt es gleich viel mehr. Änder nur leider nichts daran, dass wir zu wenige sind. Zum Glück schreiben wir ja über unsere Erlebnisse und vielleicht können wir mehr und mehr Frauen für den Triathlon-, Rad- und überhaupt für Sport begeistern.
Sei lieb gegrüßt.
Toller Bericht und tolle Bilder. Wir freuen uns schon auf den nächsten Beitrag.
Liebsten Dank. Wir sind auch bereits an diesem Beitrag dran und freuen uns, sowohl meine Gedanken als auch Ellis Aufnahmen bald auch hier zeigen zu können. Immer wieder großartig, so einen spannenden Tag noch einmal auf diese Weise zu erleben.
Wieder ein sehr anschaulicher Beitrag. Dass es selbst auf der Langdistanz noch Brustschwimmer gibt, hätte ich jetzt nicht vermutet. Nach deinen Schilderungen zu urteilen, würde ich fast sagen, viele von denen kamen gar nicht ans Ziel. Aber auch unter den Profis scheint es doch sehr ruppig beim Schwimmen zu zugehen.
Auf jeden Fall ein riesiges Kompliment an alle (dich natürlich eingeschlossen), die einen solchen Ironman finishen. Eine solche Leistung ist für mich unvorstellbar. Freue mich schon auf deinen Folgebericht vom Radfahren.
Das ist wirklich immer wieder spannend mit zu erleben. Ich weiß immer nicht genau, wer wirklich „nur“ solch eine lange Distanz Brust schwimmt und wer einfach vielleicht so aufgeregt oder orientierungslos ist. Vorn bei den schnelleren Schwimmern ist das sich ein weniger großes Problem. Das Tempo kann man ja nur über Kraul bewältigen.
Ganz lieben Dank. Für mich ist das jetzt auch wieder sehr sehr unglaublich, dass ich das gemacht habe. Schon wenn ich drüber nachdenke, wie man an einem Tag so viele Kilometer zusammenbekommt, fehlt mir di Vorstellung. Also man trainiert natürlich dafür und setzt alles daran, es zu schaffen. Irgendwie macht man das ja auch. Aber dennoch unglaublich.
Meinen Respekt, Din, das hast Du wirklich super gemacht. Ich bin auf den Sprintdistanzen schon immer genervt, wenn ich wegen des Tumults meinen Rhythmus nicht finde – das muss auf 3,8 km noch viel, viel schlimmer sein.
Ein toller Bericht – ich freu mich schon auf den nächsten Teil! Ich hoffe, du hast dich gut erholt!
Hallo liebe Sarah,
na, regeneriert du auch hart? Ich muss mal wieder langsam mehr in die Gänge kommen…
Ja, da habe ich gleich beim Schwimmen einige Federn lassen müssen. Man meint ja immer, mit der länger der Wettkämpfe nimmt der Tumult ab. Das war auch in Zürich vergangenes Jahr so. Aber das in Frankfurt war schon eine Anstrengung für sich.
Ich danke dir! Bis bald.
Hallo Nadin,
toller erster Teil von deinem Bericht in Frankfurt. Das mit den (zu) vielen Schwimmern liest sich wirklich übel. Brustschwimmen kann auch vorne passieren – vor allem wenn man Panik bekommt, z.B. auf Grund ständiger Schläge etc… ganz tolle Schwimmzeit – Respekt!
Wie fandest du die WZ1 ? Auf dem Bild hängt dein FUJI ja als erstes und man sieht die Nachbarräder nicht. In Kraichgau hingen die Räder von uns Altersklassen extrem eng beieinander, da hätte man gut mit dem Pedal am Schaltwerk des Nachbarn hängen bleiben können… fand ich nicht sonderlich beruhigend (war letzten Endes egal, da ich vor den Jungs neben mir am Rad war) und finde ich bei diesen materiellen Werten auch etwas fragwürdig. Wobei die Veranstalter natürlich immer Platzmäßig limitiert sind.
Olli: Super Job , sehr geile Bilder. Wie ist deine Kamera vor Spritzwasser geschützt?
Hi Ruben,
ich glaube, der See war einfach zu klein für uns alle, zu viele Wendepunkte mit Staus,… Panik könnte ich mir direkt vorn vorstellen. Da möchte ich auch nicht mitten mang gewesen sein!
Die WZ1 sieht tatsächlich leer aus, aber als alle Räder hingen, war das auch extrem dicht. Habe ich so noch nie erlebt. Wäre ich eher aus dem Wasser gekommen und hätte da mein Fuji herausheben müssen, wäre ich sicher ins Wackeln gekommen. Ich hatte schon etwas Sorge um mein Rad. Vor allem aber in der WZ2, wo einem das Rad abgenommen und dicht an dicht von Helfern aufgehängt wurde. Als ich es am Abend abholte, musste ich mir helfen lassen. Ich habe das nicht aus dem Gewirr der anderen Räder herausheben können.
In Frankfurt fahren sie meiner Meinung nach die Veranstaltung absolut am Limit. In der Schweiz war es rückblickend sehr viel angenehmer.
Toll, dass du dich auch für die Entstehung der Fotos so interessierst! Olli hat in diesem Fall gar nichts weiter für seine Kamera benutzt. Er hat da so seine eigene Technik für solche Situationen.
P.S. Manchmal wird es mir schon Angst und Bange, wenn ich sehe, wie Olli während der einzelnen Disziplinen auf Fotojagd geht.
Hi 🙂 Ich habe den Bericht erst übers Smartphone gelesen und wollte schon meckern, da dort zahlreiche Fotos nicht angezeigt wurden, aber über PC sieht ja alles super aus.
Zum Bericht: Toll geschrieben, man kann richtig mitfühlen. Tolle Fotos, dafür auch ein riesiges Lob. Schwimmen lief ja dann echt super. Dafür schon mal herzlichen Glückwunsch. Ich bin schon auf den nächsten Teil gespannt.
Aber eine Frage hab ich zum Schluss noch: Am TV wurde gesagt, dass die Agegrouper nach und nach ins Wasser gelassen wurden um das Feld zu entzerren und das wurde sehr lobend hervorgehoben. Wurde das nur falsch übermittelt oder hat dieses Experiment einfach nur nicht funktioniert, wenn du so durchgeprügelt wurdest?
Liebe Grüße
Hi Diego, super, da bin ich ja zufrieden, dass am PC doch noch alles gut funktioniert und die Fotos alle dargestellt wurden!
Das Schwimmen lief in der Tat wirklich für mich ganz gut, wenn man von dem Chaos absieht. Dieser sogenannte Rolling-Start hat vergangenes Jahr in Zürich beim Ironman Switzerland auch wirklich gut funktioniert. Es waren etwas weniger Athleten auf der Strecke und ich konnte gut meinen Rhythmus finden. In Frankfurt hat das Prozedere an sich schon einmal etwas länger gedauert, einfach weil es mehr Athleten waren. Die Athleten müssen sich selbst nach eigener Einschätzung ihres Leistungsvermögens an diesem Tag in Gruppen einordnen. Innerhalb dieser einzelnen Gruppen durften dann jeweils 5 Athleten zeitgleich in Wasser. Das hört sich auch für mich immer wieder gut an. Aber die Abstände von wenigen Sekunden führt meiner Meinung einfach dazu, dass permanent zu viele Athleten fast zeitgleich im Wasser sind. In Frankfurt hat sich das Feld auch überhaupt nicht auseinander gezogen. Es blieb bis auf die letzten wenigen hundert Meter einfach viel zu voll.
Das klingt ja doch eher suboptimal. Aber du hast es ja doch gut gemeistert.