Yogageschichten: Zur Yogamatte kullern

Kennt ihr das? Ihr wacht am Morgen auf und fragt euch, ob euch wirklich die Matratze verschluckt hat. Irgendwie schafft man es dann doch sich auf die Seite zu rollen und bestenfalls rückwärts im Vierfüßlerstand aus dem Bett zu steigen. Im schlechtesten Fall müsst ihr euch irgendwie herumrollen, bis nach und nach jeder Teil eures Körpers aus dem Bett fällt. Da hilft nur eins! Ein kleines Stückchen weiterkullern und auf der Yogamatte zum Liegen kommen. 

So ein Morgen kann ein Resultat einer langen Nacht, aber in meinem Fall eher eines sehr intensiven Trainings am Vortag sein. Ich könnte nun liegen bleiben und mich weiter von der Matratze einlullen lassen, aber gerade unter der Woche muss man ja irgendwann mal zu sich kommen.

Also lasse ich es ganz sachte angehen. Ich krabbele auf die Yogamatte und verfrachte meinen sperrigen Körper gemütlich in die Position des Kindes. Ruhe und Gelassenheit kehrt ein. Dazu gesellt sich Freude, die Matratze hinter mir gelassen zu haben und direkt am frühen Morgen für mich etwas Gutes zu tun. Irgendwann beginne ich zögerlich mit dem ersten Sonnengruß. Sekunde! Wer war noch einmal die Person, die ihre Hände in der Vorwärtsbeuge neben den Füßen ablegen kann? Also ich für meinen Teil fühle mich ausgesprochen gut, wenn ich meine Hände nun auf den Knien ruhen oder die Arme irgendwo in der Luft hängen lassen kann. Als hätte ich niemals etwas anderes gemacht. Herrlich. Irritierend. Aber herrlich.

Ich versuche die Mobilität der Beine und des Rückens ein klein wenig herzustellen. Ganz sanft. Nur nicht zu sehr zappeln. Schon gar nicht zerren! Einfach fließen lassen. Wenn das nun an diesem Morgen aussieht, als hätte ich Jahre keine einzige Dehnübung gemacht, bitte schön. Das ist das Schönste am Yoga. An solchen Morgen fordere ich mich genauso heraus, wie an den anderen, wenn ich meinen Kopf ganz vorsichtig gegen die Knie presse.

Heute geht nun alles ganz langsam und immer stückchenweise. Gerade so, das ich die Widerspenstigkeit der müden Glieder spüre und gleichzeitig von Asana zu Asana, von Wiederholung zu Wiederholung etwas mehr Lockerheit verspüre. Meine Waden und mein Rücken machen es mir wirklich nicht einfach. Hier und da zieht mich mein Körper in eine Richtung. Dann wieder in eine andere. Je intensiver und kraftvoller vor allem die Lauf-, Rad- und Stabilisationseinheiten am Vortag waren, desto angespannter ist mein ganzer Körper am nächsten Tag. Einfach verkürzte Muskeln, die gern nachgeben möchten. Sie können es nur nicht gleich so zeigen…

Gerade dann loszulassen, kann eine enorme Hürde sein. Es aber schon am Morgen zu schaffen, ist eine unglaubliche Erleichterung. Ich atme tief in jede einzelne Übung hinein. Mit jeder Minute, in der ich Wärme aufbaue, lässt der Widerstand nach. Ich fühle in mich hinein. Was braucht noch etwas Beachtung? Irgendwann ist alles leichter, vielleicht sogar ganz entspannt. Zufriedenheit, Lockerheit, Gleichgewicht kehrt ein. Ich sinke zufrieden zurück in die Kindhaltung und schließe den Kreis.

Ihr wollt mehr Yogageschichten lesen? Dann schaut unter Tag Yogageschichten nach. Ihr möchtet wissen, warum Yoga so wunderbar zu anderen Sportarten passt und das Training sehr gut ergänzen kann? Dazu findet ihr auf meiner Seite zwei Beiträge: Yoga & Laufen sowie Yoga & Surfen.

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..‘Din’ ist Gründerin von Eiswuerfel Im Schuh

20121111-082354.jpgAls Triathletin & Autorin von Eiswuerfel Im Schuh bin ich zusammen mit meinem Sportfotografen immer auf der Suche nach der nächsten Herausforderung und neuen Bildmotiven. Als Julimädchen liebe ich die Sonne, das Meer und den Sand zwischen den Zehen, genieße aber auch die Ruhe auf meiner Yogamatte oder auf einem Surfbrett. Ich freue mich, mit dir auf Facebook, Twitter, Pinterest, Instagram und Google+ in Kontakt zu bleiben.

18 Gedanken zu „Yogageschichten: Zur Yogamatte kullern“

  1. Hallo Din, ich glaube, das geht jedem irgendwann mal so! 😉 Auch wenn meine Mobility-Verrenkungen am Morgen wenig mit Yoga zu tun haben. 😀 Schön beschrieben, wie sich das anfühlt: nämlich genau so!
    LG, Matthias

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  2. du motivierst mich, doch noch einmal einen versuch mit morgen-yoga zu starten. diese steifheit nach dem aufstehen und das gefühl, das du beschreibst, seit ewigen zeiten keine dehnübungen gemacht zu haben, haben mich meine guten vorsätze wieder über den haufen werfen lassen. ich werde es direkt morgen früh nochmal versuchen, mit der kindsstellung auf meiner neuen yogamatte und schauen, wie mich mein körper von asana zu asana trägt!

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    • Das hört sich richtig gut an und ich hoffe, dass du so einen schönen, entspannten und sanften Start in den Tag hattest. Abends ist natürlich auch sehr schön und vor allem nach langen Sporteinheiten. Da kann man einerseits so viel weiter gehen, aber es ist gleichzeitig so wunderbar entspannend, dass man mit dem Tag abschließen kann.

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  3. Liest sich wirklich gut – und bemerkenswert, wie dann die einzelnen Übungen tatsächlich Stück für Stück wirken. Ich bin ja zu solch früher Zeit schon froh, wenn ich den Weg zur Kaffeemaschine fehlerfrei schaffe 😉

    Viele Grüße
    Lars

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    • Hallo Lars, also der Weg zur Kaffeemaschine geht bedeutend einfacher von der Hand, wenn du mit dem Yoga durch bist. Die Yogamatte nimmt es dir übrigens auch nicht übel, wenn du auf sie rauffällst.

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  4. Wunderschön – genau so fühlt es sich oft am Anfang des Trainings an! Und je mehr Minuten vergehen, umso geschmeidiger wird der Körper wieder 🙂
    Liebe Grüsse
    Ariana

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    • Hallo Ariana, genau so ist es. Eigentlich auch mit jeder Sportart. Am zweitschlimmsten ist es nach dem Yoga immer beim Schwimmen. Ehe da diese Schwere langsam verschwindet, kann eine gefühlte Ewigkeit vergehen. Aber die Zeit lohnt sich.

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  5. Herrlich beschrieben! So fühlt es sich übrigens auch nach einer Woche Sitzen an! “Wie, wir sind Muskeln? Ich dachte, wir sind Salzsäulen”, scheint es durch den Körper zu raunen. Dann lege ich meine zwei Yogamatten übereinander, um es noch weicher zu haben auf dem kalten Parkett, und mit jedem Ausatmen gibt das knarrende Gestell immer mehr nach…

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    • Lieben Dank! Super Idee mit den zwei Matten. Manchmal sind meine tastengestressten Handballen und Finger etwas empfindlich. Aber da sagst du was, eine super Erinnerung. Ich muss langsam wieder anfangen, an den Abenden noch ein wenig etwas für die Lockerung nach dem Schreibtischtag zu machen. Oder in der Mittagspause, wenn es sich einrichten lässt.

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      • Ja, die 2-Matten-Sache kam, als ich keine Tox-freie Matte fand, die mehr als 4 mm Dicke hätte.

        Completely off topic: Findest Du die neuen WP.com-Designs auch so schrecklich? Statistiken, Kommentare, alles im angeappleten Design, aber nicht besonders logisch.

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        • Es ist wirklich nicht einfach, eine Tox-freie Matte überhaupt zu finden. Hatten das Thema ja damals mal. Habe jetzt so eine aus Jute ins Auge gefasst…

          Ja, ich gestehe. Ich gehe immer wieder zurück zum alten Design. Ich bemühe mich, aber irgendwie fehlt mir da auch das logische Verständnis.

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          • Ja, ich habe damals halt auch keine zu “hippie-mäßige” Matte haben wollen; die sollte weich sein aber ohne Weichmacher und schön bunt ohne Azo-Farbstoffe. Und waschbar. Aber nicht aus Stoff (rutschen die nicht?) oder Jute (*kratz-juck*).

            Und was sollen die runden Avatare jetzt? Wirkt, als hätte man bei Automattic gesagt, hey, flat and round is The sh#t.

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