Schwimmgeschichten: Es tickt wohl!

Noch im Bett höre ich eine Uhr. Sie tickt. Unaufhörlich. Ist das schneller als sonst? Der Zeigerschlag wird mit jedem Klicken klarer. Es ist Zeit. Es ist Zeit, in die Laufsachen zu springen, den Rucksack aufzusetzen und die Tür hinter mir zuschnappen zu lassen. Leise. Alles schläft noch. Die Straße ist noch recht ruhig. In den Häusern brennt nur hier und da ein Licht. Kaum wahrzunehmen, denn wenn der Himmel klar ist, verschwinden meine müden Augen hinter einer Sonnenbrille.

Wie aus einem Tagtraum weckt mich ein Surren. Meine Laufuhr erinnert mich, dass die Satellitenverbindung steht. Der Rhythmus der Musik lässt mich in Sekunden selbst schrecklich müde meinen Laufrhythmus finden. Gleichmäßig wie das fortwährende Zeigerticken im Bett setze ich einen Fuß vor den anderen; husche quer über schmale Straßen bis sie immer breiter werden und ich an der einen riesigen Kreuzung gar nicht weit vom Startpunkt so oder so zum Stehen komme.

Ich starre das Ampelmännchen an, das einfach nicht weiterlaufen möchte. Ich bewege mich kein Stück und wir spielen das Spiel, wer zuerst blinzelt. Manchmal muss das laufende Ampelmännchen meine Beine richtig anschreien, aus dem Knick zu kommen. Ab und an sind es aber auch meine ungeduldig zappelnden Beine, die mit dem kleinen Roten gern mal ein Wörtchen reden würden, wenn es wieder mal länger dauert. Irgendwann entschließt es sich zum Glück weiterzulaufen.

Die Straßen werden immer voller. Ich beginne erneut im Dickicht der Stadt die Autos zu überholen, die erst noch denken, dass sie sowieso schneller sind, als ich. Wir laufen um die Wette, bis zur nächsten Ampel, die ich einfach überqueren kann, ihren Weg so kreuze, während sie nun mit dampfenden Auspuffen die Lichter beschwören. Bleibe ich im Takt und lasse nicht nach, schaffe ich noch den Bahnübergang, bevor Sekunden nach mir die Schranken runter gehen. Manchmal bin ich aber doch zu langsam und muss minutenlang ausharren. Kein Ampelmännchen, das zurückblinzelt. Stattdessen ein knallrotes Licht, das einfach nur von seinem Andreaskreuz hinab blendet.

Verrückt tänzelnde Fußgänger und verschlafene Radfahrer eiern an mir auf den letzten Metern vor der Schwimmhalle vorbei. Auf dem Parkplatz tobt im Dunkeln das Laben. In Windeseile ist der Eingang des Bades verstopft. Das Kleingeld klimpert. Dauerkarten werden durchgezogen. Drehkreuze piepen. Alles im immer gleichen Takt. Rasant mit der Uhr im Blick wandern meine Sachen in den Kleiderschrank. Ein letzter Schluck aus dem Teebecher, Badekappe und Schwimmbrille auf, kurze Dusche muss natürlich auch noch sein.

Ich plumpse ins Wasser. Schon beginnt die Uhr erneut zu ticken. Sie vibriert jede Minute. Bahn für Bahn lasse ich hinter mir. Mit viel Glück kann ich problemlos überholen, weil die meisten Schwimmer auf die anderen Gäste Rücksicht nehmen. Denn nicht nur für mich tickt die Zeit unaufhörlich runter! Manchmal muss ich aber auch rechts an Mittelspurnutzer vorbei hetzen. Kleine Sprinteinlagen verschaffen mir aber immer etwas Vorsprung, wenn der Zeiger drängelt.

EISWUERFELIMSCHUH - Schwimmen Triathlon Training SPEEDO ZOGGS 1

Bin ich motiviert genug oder auch total verschlafen, verfliegt die Zeit einfach so. Ich versuche so viele Bahnen in meine Zeit hinein zu quetschen wie es nur geht. Immer den Trainingsplan im Kopf habend.

Bin ich wach und übellaunig, kann ich zwar die Sekunden wie meinen Pulsschlag in den Ohren wummern hören. Aber jede zweite Bahn wird mit Ach und Krach absolviert. Die Pausen sind dann wie das Schwimmen Quälerei. Ich blicke auf die Uhr und trotz des Tickens vergeht die Zeit einfach nicht. Dann versuche ich winzige Minimalziele zu setzen; mich von Bahn zu Bahn zu motivieren. Eigentlich wird es dann auch irgendwann besser. Diesen Moment sehne ich dann immer unglaublich herbei. Ist diese Schwere im Körper und vor allem im Kopf dann endlich abgefallen, wird es im Hallenbad auch leerer. Dann fällt jeder Meter deutlich leichter.

War ich schnell und fleißig genug, habe ich mir vor einigen Wochen eine kleine Belohnung überlegt. Ich krabbele aus dem kühlen Sportschwimmbecken und tapse rüber in das lauwarme Kinderbecken. So viel Zeit muss sein, egal wie sehr die Uhr quengelt. Die peitscht mich im Anschluss nach ein wenig Ausschwimmen und Muskeln dehnen, schon wieder genug durch die Umkleide. Das dann so lange, bis ich meinen letzten Laufschuh zugeschnürt, mein Stirnband und meine Mütze über die nassen Haare gezogen und meine Laufbrille und Kopfhörer aufgesetzt habe.

Auf dem Rückweg nach dem Schwimmen, sehe ich manchmal auf den Feldern Hasen. Diese großen, diese wilden. Wer schon einmal, wie ich, ein Einhorn gesehen hat, dem fällt natürlich auch beim Anblick eines Hasen, der weiße mit der tickenden Taschenuhr ein. Immer ist man irgendwie spät dran. Dabei muss an Morgen wie diesen alles durchgetaktet sein! Dennoch hört man ständig dieses Ticken seiner viel zu großen Taschenuhr. Erst im Bett. Dann auf der Straße. Dann bei jeder Schwimmbewegung. Dann wieder auf der Straße. Dort wandelt sich jeder Schlag des Sekundenzeigers, der schneller läuft, als er sollte, in einen Laufrhythmus. Schritt für Schritt heißt es tick tack. Wenn ich die Bahnschranken dann aufgehen sehe, an den Fußgängern im Slalom vorbei eile, weiß ich, dass ich richtig bin. Nicht mehr weit und ich kann unter die Dusche springen und ein warmer Grüntee wartet darauf, mit mir den Tag zu beginnen.

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P.S. Mein Zoggs Badeanzug sitzt immer gut, selbst wenn ich mal ins Wasser falle. Genauso wie meine Arena Cobra Ultra Sonnenbrille während mir mein FR920xt den Takt vor gibt. 
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..‚Din‘ ist Gründerin von Eiswuerfel Im Schuh

20121111-082354.jpgAls Triathletin & Autorin von Eiswuerfel Im Schuh bin ich zusammen mit meinem Sportfotografen immer auf der Suche nach der nächsten Herausforderung und neuen Bildmotiven. Als Julimädchen liebe ich die Sonne, das Meer und den Sand zwischen den Zehen, genieße aber auch die Ruhe auf meiner Yogamatte oder auf einem Surfbrett. Ich freue mich, mit dir auf Facebook, Twitter, Pinterest, Instagram und Google+ in Kontakt zu bleiben.

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..‚Olli‘ ist Fotograf & Grafiker von Eiswuerfel Im Schuh

20121111-082354.jpgAls Fotograf & Grafiker von Eiswuerfel Im Schuh bin ich zusammen mit der Athletin ‚Din‘ immer auf der Suche nach der nächsten sportlichen Herausforderung und den interessantesten Bildmotiven. Außerdem kümmere ich mich darum, die hier vorgestellten und getesteten Produkte und Sportbekleidung interessant abzulichten. Neben meiner Fotografie bin ich oft selbst sportlich unterwegs. Ich sitze sehr gern im Rennradsattel oder schnüre als Alternativtraining auch schon mal hin und wieder die Laufschuhe. Schaut gern auch auf meiner Facebook-Seite vorbei, auf der ich immer wieder neue Eindrücke mit euch teile.

14 Gedanken zu „Schwimmgeschichten: Es tickt wohl!“

  1. Deine Schwimmgeschichte liesst sich herrlich! Irgendwie finde ich mich darin wieder, wenn man davon absieht, dass ich wahrscheinlich nicht ganz so früh wie du zum Training gehe und auch meist das Rad nehme statt zu laufen. Aber den Motivationskampf bei vollen Bahnen kenn ich nur all zu gut! Und trotzdem liebe ich es, das Gefühl im Wasser, die Leichtigkeit, das fast Geräuschlose!

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    • Da kann ich dir nur zustimmen. Wenn man dann erst einmal dabei ist, ist es wunderbar, egal wie hart das Training oder anstrengend es manchmal mit den anderen Gästen ist. Dann auch weiterhin viel Spaß beim Bahnenziehen. Ich hoffe, dass ich schon ganz bald raus darf zum Freiwasserschwimmen.

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  2. Hat mir ebenfalls sehr gut gefallen und es motiviert, es nach zu machen. Hoffe, dass ich bald so weit bin. Habe am letzten Montag begonnen einen Kraulkurs zu besuchen. Dann ist vielleicht auch irgendwann mal ein Triathlon angesagt. Denn nur mit Brustschwimmen ist das etwas schwierig 🙂

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    • Also einen Triathlon, denke mal ein Sprint wäre super für dich, kannst du auch mit Brustschwimmen sehr gut bewältigen. Optimal ist aber natürlich Kraul.
      Das sind ja beste Voraussetzungen, damit du gut voran kannst. Ein Kraulkurs wird dir auf jeden Fall eine solide Basis für das weitere Training liefern. Viel Spaß auch weiterhin dabei!

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    • Hi Jenny,

      ich habe den Salomon Agile 12. Da passt alles sehr gut rein, was ich zum Schwimmen brauche, inklusive Badelatschen und eine kleine Trinkfalsche. Ich bin auch eigentlich ganz zufrieden damit. Er sitzt sehr gut, wenn ich eine Jacke trage. Wenn es wärmer wird und ich nur Shirt an habe, dann wackelt er etwas hin und her. Die Riemen sind leider nicht kleiner einstellbar. Ich habe neulich aber einen Damenrucksack von der Eigenmarke Kalenji von Decathlon speziell für Frauen gesehen. Der saß beim kurzen Überstreifen viel besser. Aber ich muss mir den im Juni erst einmal genauer anschauen, wenn Decathlon bei uns eröffnet.

      Ich hoffe, das hilft dir ein wenig.
      Beste Grüße,
      Din

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  3. Hi Din,
    Herrlich deine Geschichten/Berichte, ich war mal um 6.00h im Trainingsbad,tut mir leid,dass ist nicht meine Zeit,kaltes Wasser und müde.

    Lg Marcus

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    • Hi Marcus,

      ja, das macht doch gar nichts. Gibt ja auch andere Zeiten, um Schwimmen zu gehen. Hauptsache man kann ein gutes Training absolvieren.

      Beste Grüße,
      Din

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  4. Liest sich super, und vermittelt – mir zumindest – eine noch verschlafene Stimmung, wo man alles rundherum wie durch Watte wahrnimmt. Ausser die Uhr, die ist nah bei einem selbst in Watte verpackt und teilt ihre unablässige, drängende Monotonie nur mit einem selbst…
    P.S.: Belohnungen sind toll. Treten die intrinsische Motivation gut in den Popsch 😉

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    • Absolut. Genau so ist. Alles ist wie hinter einem Nebel verborgen und dieses Ticken immer klar…

      Dein P.S. – Haha. Genau so ist es!

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  5. Volle Bäder sind ein Greuel – jedoch weiß man dann leere Bahnen viel mehr zu schätzen und kann sich viel mehr daran erfreuen!

    Ich konnte heute die Freibad Saison bei sogar erträglichen Temperaturen und ohne Dauerregen eröffnen – herrlich 😉

    LG

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    • Großartig! Freibad ist super. Schwimmst du auch ab und zu im See zum Trainieren? Ich hoffe, dass ich bald auch raus kann. Bäder müssten bald eröffnen und der See ist dann vielleicht auch schon ok.

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