Die Möglichkeit zu haben, mit einer Profisportlerin über das zu sprechen, was man selbst so liebt, kommt nicht alle Tage vor. Aber dann auch direkt ein eins-zu-eins Gespräch führen zu dürfen, ist noch seltener. In der vergangenen Woche konnte ich mich während der Präsentation des neuen Nike Flyknit Lunar 2 mit Leichtathletin Allyson Felix darüber austauschen, wie sie trainiert, wieso lange Läufe bei ihr nur etwa drei bis vier Kilometer lang sind, was sie motiviert, warum aktive Regeneration für sie genauso wichtig ist, wie das Training selbst und wieso ich wohl oder übel auch nicht um Tempotraining herumkomme. Nebenbei wurde mir vom Kreativdirektor Sean McDowell das Konzept des Flyknit erklärt und warum er seinen Schuh ab und an über einen Topf mit kochendem Wasser hält.
Bereits kurz nachdem Nike Town Berlin im vergangenen Jahr geschlossen wurde, kursierten erste Gerüchte, dass ganz in der Nähe ein neuer Flagship Store eröffnen wird. Bereits das kleine Shop-In-Shop System in Karstadt Sport neben allen anderen Laufschuhherstellern konnte sich sehen lassen. Nun eröffnet an diesem Freitag am Europa-Center das neue Geschäft der Marke und ich konnte mir schon einmal einen ersten Eindruck während des Flyknit Experience verschaffen. Nike stellte mit Designer Sean McDowell und Ausnahmesprinterin Allyson Felix den Flyknit Lunar 2 vor.
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Natürlich waren alle neugierig, den neuen Laufschuh zu sehen und mehr darüber zu erfahren. Sean McDowell erklärte deshalb einer Gruppe von Gästen nach der anderen im Akkord die Flyknit Technologie. Er nahm sich anschließend aber dennoch kurz Zeit für mich, um mir weitere Details näher zu bringen.
Der Flyknit Lunar 2 verbindet wie sein Vorgänger, der von der Runner’s World den Editors Choice Award 2013 erhalten hat, eine Lunarlon Sohle mit Flyknit Obermaterial. Dieses Material sorgt aber beim Nachfolger Dank dichterer Strickung für mehr Stabilität, die sich besonders deutlich am Mittelfuß bemerkbar macht. Die Dämpfung wurde sowohl im Vorfuß- wie auch Mittelfußbereich verbessert, was für ein noch angenehmeres Laufgefühl mit diesem Neutralschuh sorgen soll. Damit am Spann auch nichts mehr drücken kann, wenn die Lasche mal wieder verrutscht, wurde sie wie bei vielen anderen Modellen mit dem Obermaterial vernäht.
Der Schuh ist aktuell für Damen und Herren in einer Farbversion erhältlich, die richtig Lust auf Frühling macht. Sean erzählte mir, dass sich mehrere hundert Mitarbeiter um die Designs der verschiedenen Produkte kümmern. Dabei schauen sie sich neben Empfehlungen von zum Beispiel Pantone Inc. nicht nur die zukünftigen Trends an, sondern berücksichtigen auch Vorschläge von Sportlern. Aber das Design ist nur ein kleiner Teil einer Vielzahl von Produktionsschritten, die mehrere Jahre in Anspruch nehmen können. Wie alle Laufschuhe musste der Flyknit Lunar 2 einige Prototypen und Testrunden miterleben, bis er endgültig produziert werden konnte. Obwohl es sich hierbei ja „nur“ um einen Nachfolger handelt, verstrich mehr als ein Jahr.
Das Obermaterial, das maschinell gestrickt wird, kann durch die sogenannte Steaming Technik noch individueller an den eigenen Fuß angepasst werden. Das ist mit allen Flyknit Modellen möglich, die für wenige Sekunden in eine Art Kessel gelegt werden, bis sie durchgängig bedampft sind. Der Läufer zieht sie anschließend an und das warme, leicht feuchte Obermaterial legt sich beim Abkühlen dicht um den eigenen Fuß. Das soll für noch mehr Tragekomfort und eine individuelle Passform sorgen. Einmal ausgekühlt hält der Effekt je nach Klima zwei bis vier Wochen.
Ich wollte wissen, wie sie auf die Idee gekommen sind, das Obermaterial auf diese Art an Füße anzupassen. Eigentlich war es Zufall. Da Nike wie andere Marken auch mit zahlreichen Athleten zusammenarbeitet, erhält das Entwicklungsteam während der unterschiedlichen Entwicklungsschritte eines Schuhs immer wieder wertvolles Feedback. Einer der Sportler berichtete nach einem Trainingslager in feuchtwarmen Klima davon, dass der Schuh ausgerechnet dort irgendwie besser passt. Die Entwicklungsabteilung setzte sich mit diesem Phänomen auseinander und brachte die so einfache aber sehr interessante Steaming Technologie hervor. Sean verriet mir, dass man das auch ganz leicht zu Haus mit einem Topf mit heißem, dampfenden Wasser nachmachen könne. Er macht es schließlich auch nicht anders.
Nachdem mich mein persönlicher Einkaufsassistent, der auch als Personaltraininer im Nike Geschäft tätig sein wird, durch den Laden geführt und mir meinen Schuh angepasst hatte, dauerte es nicht mehr lange, bis ich mit Allyson Felix sprechen konnte.
Die zierliche 29-Jährige saß mitten im Geschäft. Ihre langen Haare, die bei ihrer rasenden Geschwindigkeit auf ihrer Lieblingsstrecke, den 200m, im Laufwind wehen, hat sie streng nach hinten gebunden. Sie strahlt mich mit ihrem pinken Laufoutfit an und möchte direkt loserzählen.
Ja, ich laufe auch, allerdings deutlich langsamer, dafür aber viel weiter. Für sie unvorstellbar. Sie flüstert mir direkt zu, dass sie auf keinen Fall die gesamte Strecke später dabei sein wird. Das wäre viel zu lang für die passionierte Läuferin, die im Alter von 14 Jahren diesen Sport lieben gelernt hat. Damals suchte sie Anschluss in einer neuen Schule und begann wie ihr Bruder für ein Team zu laufen. Natürlich war da noch nicht klar, dass sie einmal eine der erfolgreichsten Sprinterinnen werden würde. Aber sie wusste, dass sie einfach nur noch eins wollte. Das war laufen.
Genau das macht die US-Amerikanerin nun sechs Tage die Woche. Sie hat lediglich einen freien Tag, den sie für aktive Regeneration wie lange Läufe, Eisbaden, Gymnastik oder Massagen nutzt. Denn regenerieren ist für sie mindestens genauso wichtig, wie drei Stunden auf der Bahn am Tempo und der Lauftechnik zu arbeiten. Die Nachmittage verbringt sie nach dem Essen im Fitnessraum, um ihre Stabilität und Kraft zu trainieren.
Ihre Trainingsplanung ist gar nicht so anders, wie von uns Freizeitsportlern, sieht man mal von der Intensität und investierten Zeit ab. Momentan trainiert sie auf längeren Einheiten über 600m ihre Grundlagenausdauer und Schnelligkeit. Je mehr sie dann an die Wettkampfsaison heran kommt, desto kürzer werden die Läufe und nähern sich ihrer Paradedisziplin an.
Ein großer Schwerpunkt außerhalb der Saison macht die Technikarbeit aus. Jedes kleine Detail wird einer Prüfung unterzogen – die Armstellung, die Stabilität im Rumpf, die Beinbewegung vom Vorfußaufsatz über den Kniehub bis zur Hüfte.
Wenn auch ich meine Technik verbessern möchte, soll ich unbedingt immer nur an einem Aspekt arbeiten und nicht versuchen, alles gleichzeitig zu ändern. Konzentration spielt dabei für sie eine enorme Rolle. Aber man soll nicht verzweifeln. Je mehr man übt, desto flüssiger und natürlicher wird alles, bis im Idealfall ein verbesserter Bewegungsablauf entsteht.
Natürlich ist für eine Sprinterin auch essentiell, möglichst schnell aus dem Startblock zu kommen. Deshalb investiert sie ebenfalls täglich Zeit in Reaktionstraining.
Ich habe es natürlich schon geahnt. Bestzeiten lassen sich am besten mit hartem Tempotraining und Intervalle erreichen, was sie unbedingt empfiehlt, wenn ich schneller werden möchte. Sie hat daran aber deutlich mehr Spaß als ich. Dafür muss sie sich regelmäßig überwinden, einen langen Lauf zu absolvieren.
Nur einen Monat im Jahr, meist Oktober, gönnt sie sich eine Auszeit, fährt in den Urlaub, entspannt oder steigt schon mal aufs Rad. Meist verbringt sie aber die Zeit gern an der See, um motiviert und energiegeladen die neue Saison vorzubereiten. Sie fühlt sich zwar auch nicht immer top fit und muss sich einen Ruck geben. Das fokussieren auf ihre Ziele hilft ihr auch an diesen Tagen intensiv zu trainieren.
Interessant fand ich, dass Allyson keine bestimmte Diät verfolgt. Stattdessen versucht sie viele Proteine zu sich zu nehmen, sich an bestimmte Portionsgrößen zu halten und isst auch durchaus ab und an etwas Süßes.
Natürlich schaut Allyson auch darauf, wie ihre Laufbekleidung und Schuhe aussehen. Aber das Design spielt eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger sind ihr Komfort und Laufgefühl, was besonders bei so hautenger Kleidung beim Sprinten und den dazugehörigen Spikes wichtig ist. Die Sprinterin, die bereits vier Mal olympisches Gold erlaufen konnte, setzt den Flyknit Lunar 2 gezielt auf regenerativen und längeren Läufen ein. Dabei schätzt sie das geringe Gewicht und das komfortable Laufgefühl. Davon konnten wir uns dann beim Training direkt selbst überzeugen.
Bevor es aber zusammen mit Allyson Felix und den mehr als einhundert internationalen Gästen auf die Laufstrecke mit Sightseeing ging, erleuchtete Nike mit einer Laser Projektion am Europa-Center den Ku’damm. Mit unter den Gästen war auch Fitnessbloggerin Jenny, mit der es so viel zu bereden gab, dass der Lauf absolut kurzweilig wurde. Sie bereitet sich gerade auf ihren nächsten Marathon vor und ich halte ihr beide Daumen.
Die ausgewählte Strecke war aber auch durchweg unterhaltsam vom Ku’damm weg durch den Tiergarten führte. Dieser wurde durch verschiedene Lichtinstallationen von Nike immer wieder erleuchtet. Weiter ging es zum Brandenburger Tor, zur Siegessäule und schlussendlich zurück zum Europa-Center, wo wir als krönenden Abschluss zu Fuß die 21. Etage erklimmen durften.
Nike Trainer Dilim Onyia motivierte uns nicht nur während des Laufs und die Treppen hoch. Er leistete auch Schwerstarbeit, die Vielzahl der Läufer durch die Berliner Nacht zu manövrieren, uns flashmobartig am Brandenburg Tor zu Dehnübungen aufzustellen, rote Ampeln zu beachten und spontan den Autoverkehr Unter den Linden lahm zu legen.
Während der After-Run Party konnten wir uns noch einmal mit Allyson Felix austauschen, einen wunderbaren Blick über Berlin von der Puro Sky Lounge genießen und den Abend gemütlich unter Läufern ausklingen lassen.
Morgen wird Leichtathletik-Legende Carl Lewis die Türen des neuen Flagshipstores zusammen mit Fußballnationalspieler Sami Khedira, Diskusriese Robert Harting und Hochspringerin Ariane Friedrich erstmals die Türen öffnen. Auf 2.600 m² findet der Fitnessbegeisterte alles, was sein Herz begehrt und kann sogar im hauseigenen Studio auch in Zukunft an NTC Workouts teilnehmen.
Getragen habe ich übrigens an diesem Abend nicht nur die brandneuen Flynknit Lunar 2, sondern auch Oberteile und eine Hose aus der aktuellen Running Kollektion.
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Als Triathletin & Autorin von Eiswuerfel Im Schuh bin ich zusammen mit meinem Sportfotografen immer auf der Suche nach der nächsten Herausforderung und neuen Bildmotiven. Als Julimädchen liebe ich die Sonne, das Meer und den Sand zwischen den Zehen, genieße aber auch die Ruhe auf meiner Yogamatte oder auf einem Surfbrett.
Tolle Sachen hast du da wieder erlebt! Und bei „längeren Einheiten über 600m“ für die Grundlagenausdauer musste ich richtig schmunzeln 😉
Danke schön, Andreas. Wie unterschiedlich das Training sein kann, oder?! Ich hätte das aber in diesem Ausmaß niemals für möglich gehalten. Ich dachte, dass sie vielleicht hin und wieder schon mal einen 10er voll machen würde.
Aaaah, wie cool ist das denn?! Erstmal, dass Du mit Allyson ganz alleine quatschen konntest und das ganze Event mit Laufen und After-Run-Party und dieser über-coolen Licht Installation! Da werde ich wieder mal ganz neidisch, dass ich nicht in Berlin wohne 😉
Aaaaber, in drei Wochen bin ich da! Und schaue definitiv im Store vorbei!
Danke für den ausführlichen Bericht – und schöne Fotos 🙂
Das war wirklich eine ganz wunderbare Möglichkeit und die Veranstaltung an sich war natürlich auch großartig. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Sag bescheid wenn du hier bist. Dann kann ich dir vielleicht dies und das empfehlen.
Lieben Dank!
Sehr cooles Event und ein sehr schöner Schuh! Ich hoffe, dass ich mit meinen dicken Füßen da rein passe 🙂
Liebe Grüße
Du kannst es ja direkt vor Ort ausprobieren. Falls du es nicht in dieses Geschäft schaffst, bietet dir sicher dein lokaler Händler die Möglichkeit. Ausprobieren würde ich es auf jeden Fall.
Wow, da hat sich Nike ordentlich die Marketingtrommel gerührt. Sieht und klingt nach einem Klasse Tag.
Aber sag mal, was hältst du von diesem Fitnessarmbändchen, von welchen du glaub auch eines bekommen hast? Schrott, Gag oder Musthave?
Sport frei!
Thomas
Absolut!
Ich glaube, für Anfänger und Wenigbeweger sowie in Sitzjobs ist es eine sehr gute Sache. Für viele Mädels auch ein Mode-MustHave, wie ich erfahren durfte.
Ich würde mich aber eher an eine Laufuhr halten, weil ich einfach zu viele Funktionen brauche, die so ein Bändchen nicht liefern kann.
hammerfotos mal wieder. und der bericht erinnert mich daran, den neuen store mal beizeiten unter die lupe zu nehmen.
der neue schuh klingt ziemlich geil, aber die farben schreien dermaßen laut, dass ich es fast überhört hab, wie die 90er anriefen, um mir zu sagen, dass sie die nass angezogene röhrenjeans vermissen 😀
Danke schön! Das freut mich sehr.
Sag bescheid, dann können wir das verbinden und uns beide mal mit etwas Ruhe durchwühlen. Die Lifestyle Abteilung hat es mir besonders angetan.
Die Schuhe gibt es nun auch in schlichten Farben. In Grau haben sie mir neulich sehr gefallen.
ja, über graue schuhe habe ich im neuesten beitrag gestern gelesen 😉 #blogstalking
Natürlich hast du…
#Danke