‚Bryan Kest Power Yoga Workshop‘ oder ‚Wo bitte geht´s zum nächsten Sauerstoffzelt?‘

Star-Trainer Bryan Kest hat es nach Deutschland geschafft und wenn er zur Yoga-Klasse bittet, folgen ihm die Massen. Der  Erfinder des Power Yoga, ein Yoga, das Körper und Geist gleichermaßen fordert, weiß mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung wovon er spricht und was er unterrichtet. Auch wenn nur die Hälfte der angesetzten Zeit mit dem Praktizieren von Übungen verbracht wurde, brauchte ich drei Tage, um mich körperlich und geistig wieder einigermaßen gesammelt zu haben.

Mein Bericht sollte eigentlich schon viel früher online gehen, aber ich brauchte einige Zeit, um mich körperlich zu erholen. Außerdem gab es so viele interessante Gedanken, die Bryan Kest versucht hat an uns weiterzugeben, dass ich auch diese erst einmal selbst überdenken musste.

Wie schon bekannt ist, liebe ich es Yoga zu praktizieren, allerdings schränke ich mich auf die körperlichen Übungen ein, ohne zu meditieren. Natürlich koste ich die Phase der inneren Ruhe nach jeder Klasse intensiv aus und lasse meine Gedanken schweifen, ganz ohne Stress und Sorgen, aber tiefe Meditation sieht für mich anders aus. Wie auch immer – seit einiger Zeit trainiere ich nach Bryan Kest Power Yoga und nun war es endlich soweit. Ich hatte das große Glück im Berliner Spirit Yoga Studio ein Workshop besuchen zu können. Ja, ich habe mit ihm trainiert oder viel mehr mich tropfnass versucht nicht vollends vor ihm und den anderen 60 bis 70 Teilnehmern lächerlich zu machen. Aber schon diesen Gedanken würde er für verwerflich einstufen. Denn wer sagt uns scheinbar ständig, dass wir nicht gut genug sind, dass wir mit Yoga versuchen müssten alles Üble in uns zu verbessern? Wer sagt uns, dass wir unseren Körper so trainieren müssen, als gäbe es kein Morgen?

3 Stunden Workshop waren angesetzt, 3,5 wurden es, aber leider oder muss man sagen zum Glück wurden die ersten 90 Minuten mit Sitzen, großen Augen und Zuhören verbracht. Ich war mir zuerst nicht ganz sicher, wo das hinführen sollte…

Mit größter Freude benutzt er das deutsche Wort sch***, denn das ist, was er neben ‚Bitte’ und ‚Danke’ auf Deutsch kann. Zur Abwechslung, damit es nicht langweilig wird, wird das englische Wort F*** hier und da eingestreut, natürlich nur, um alles besser zu veranschaulichen, was bei uns im Leben nicht rund läuft. Bezahlt man 60€ für so einen Abend und meldet man sich bereits Monate vorher dafür an, möchte man eigentlich lernen, üben, machen, tun…, und ich begann langsam zu zweifeln, ob das die richtige Wahl war. Vielleicht sind Workshops einfach nichts für mich, weil ich mich lieber wie dumm an den Posen abarbeite?

Die Masse an Teilnehmern, eng zusammengerückt, lauschte mehr oder weniger interessiert, seinem Monolog. Muss man erwähnen, dass man nicht mit seinem Nachbarn zu tuscheln hat, wenn vorne jemand spricht? Ja, muss man tatsächlich, auch bei Erwachsenen, aber es war jedes Mal willkommener Anlass für Bryan Kest seine Philosophie noch mehr zu verdeutlichen.

Die größte Lehre, die er uns oder mir vermitteln konnte, war, dass jeder Mensch verschieden ist und wir uns der Verschiedenheit wegen freuen und uns nicht ständig vergleichen, miteinander konkurrieren sollen. Außerdem geht es bei Power Yoga nicht um harte Übungen oder Drill, obwohl es vielleicht unsere gesamte Energie abverlangt. Power Yoga ist für Bryan Kest eher etwas, das uns hilft unseren Geist, unsere positiven Qualitäten zu stärken und die negativen zu schwächen. Ohne dabei abgehoben zu klingen, ganz locker und realistisch gab Bryan Kest seine Ideen an seine Schüler weiter.

Die Yoga-Übungen, wie man sie in der westlichen Welt kennt, dienen der körperlichen Kräftigung, um die Meditation, die bei Bryan Kest wesentlicher Bestandteil am Ende der Klassen ist, besser ausführen zu können. Aber es geht auch darum, abschalten zu können, den Kreislauf der Gedanken zu kontrollieren und zu entkommen, sich vollends auf eine Sache zu konzentrieren und dabeizubleiben, den Fokus zu halten. Man soll neue Energie, Vitalität und innerlichen Frieden finden, anstatt sich ständig mit anderen zu vergleichen und zu messen. Ganz konzentriert auf sich selbst, sollte es nach einer gefühlten Ewigkeit (soviel zum Thema Ruhe, Gelassenheit & Geduld) dann endlich losgehen.

Was die Stars können, das schafft die Din schon lange, dachte ich zumindest noch während der Einführung, aber schon innerhalb der ersten Minuten, die noch recht besinnlich mit der ‚Child’s Pose‘ begannen, wurde mir klar, dass da noch einiges vor mir liegt. Die hohen Fensterscheiben der übergroßen ehemaligen Schalterhalle des alten kaiserlichen Postamtes beschlugen nach wenigen Minuten, die Luft wurde immer dünner, ich versuche weiter krampfhaft durch die Nase zu atmen.

Wie soll es anders sein, natürlich mussten auch Push-ups das Programm abrunden und mit tropfender Stirn begab sich die Klasse in die ‚Four-Limbed Staff Pose‘. Wenn der Bryan Kest zwischen den eng liegenden Matten herumschlich, motivierend, belustigend, erklärend und einem klar macht, dass man lediglich lächerliche 6 Yoga-Liegestütze machen soll, die auch noch in zwei Gruppen aufgeteilt werden, die wiederum im Abstand von 20 Minuten durchgeführt werden, beginnt man an sich, seinen zitternden Schultermuskeln und wabbelnden Spaghetti-Ärmchen zu zweifeln. Man betone immer, dass ich seit vielen Wochen seine einstündigen Kurse zu Hause ganz ordentlich nachexerziere. Ich wusste also worauf ich mich einließ, war aber unglaublich froh, dass wir oder besser er die ersten 90 Minuten verschwatzte.

Ich nahm mein Yogamattentuch von der Matte, wischte mich ab, rutschte auf der Matte minutenlang umher – wer konnte ahnen, dass es doch noch nicht leichter wird -, breitete mein Tuch wieder blitzschnell aus – will ja nichts verpassen, auch wenn ich eigentlich kein Härchen mehr bewegen kann – und schwitzte weiter. Eine Pose folgte der anderen, man geriet in einen Flow – es ist wie ein Tanz, der immer weiter geht, durch den Bryan Kest uns führt und wir ihm folgen.

Bryan Kest nimmt sich mit seiner absolut lockeren Art selbst und auch die perfekte Ausführung der Posen nicht zu ernst, sondern motiviert immer mit einem Lächeln, jeden Schüler dazu aufzuhören, Pausen zu machen, aber natürlich auch das Beste zu geben, was man in diesem Moment geben kann. Auch wenn alle schnaufend am Boden liegen, denn niemand möchte durch den Mund atmen, sondern bleibt steif bei der Nasenatmung, komme was wolle, entlockt er seinen Schülern ein Lächeln. Man verlässt mit der sicheren Gewissheit nie etwas falsch machen zu können, solange man an sich arbeitet, mit sich ins Reine kommt, das Studio und fragt sich, wo nur die 3,5 Stunden geblieben sind.

Yoga Meditation

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